OECD-Warnung "Altersarmut nimmt zu"
19.01.2008, 07:41 UhrDie OECD hat erneut vor einer wachsenden Altersarmut in Deutschland gewarnt. Das deutsche Rentensystem sei nicht ausreichend dagegen gewappnet, sagte die Rentenexpertin der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Monika Queisser, der "Frankfurter Rundschau".
Zurzeit sei die Lage noch solide und die Armutsquote von Ruheständlern vergleichsweise niedrig. Dies werde sich jedoch in 30 bis 40 Jahren ändern. Künftig sehe es weniger gut aus um die Versorgung von Geringverdienern und der wachsenden Zahl von Menschen, die nicht durchgehend Rentenbeiträge gezahlt hätten. Für diese Gruppe fehle "in Deutschland eine automatische Altersabsicherung".
"Der Trend kann nur gemildert werden"
Der Paritätische Wohlfahrtsverband erwartet in den nächsten Jahren eine gewaltige Zunahme der Altersarmut in Deutschland. "Gerade vor dem Hintergrund sinkender gesetzlicher Rentenniveaus müssen wir davon ausgehen, dass es in Deutschland im Jahr 2020/2030 eine Altersarmut von zehn Prozent oder mehr geben wird", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der "Berliner Zeitung". Derzeit liege der Anteil der Menschen, die im Rentenalter von der 2003 eingeführten Grundsicherung lebten müssen, bei rund 2,5 Prozent.
"Der generelle Trend ist nicht aufzuhalten", sagte Schneider. Er könnte allenfalls in seiner Intensität gemildert werden. "Die Renteneinkommen sind nun einmal das Resultat des Erwerbslebens. Und wenn die Erwerbsleben zunehmend Lücken und karge Jahre aufweisen, dann schlägt sich das bei der Altersabsicherung nieder." Allerdings könne gegengesteuert werden, in dem auf kleine Renten, auf Riester-Renten und andere Einkünfte ausreichende Freibeträge bei der Grundsicherung eingeräumt werden.
Vorbild Schweiz
OECD-Expertin Queisser empfiehlt der Bundesregierung, sich am Vorbild der Schweiz zu orientieren. Das eidgenössische Drei-Säulen-Modell von staatlicher Sockelrente sowie einer Pflicht zur zusätzlichen betrieblichen und privaten Altersvorsorge habe den Vorteil, dass es alle Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit einbeziehe und die Abhängigkeit von sozialpflichtiger Beschäftigung vermindert werde. Aus Gründen des Eigentumsschutzes müsse der Systemwechsel jedoch in einem gleitenden Übergang von 30 bis 40 Jahren vollzogen werden, sagte die OECD-Expertin.
Die OECD hatte schon Mitte 2007 vor zunehmender Altersarmut in Deutschland gewarnt. Deutschland liege bei den Renten für Geringverdiener unter den 30 OECD-Ländern an letzter Stelle, hieß es in der im Juni 2007 veröffentlichten OECD-Vergleichsstudie. "Deutschland sollte der Rentenentwicklung für Geringverdiener besondere Aufmerksamkeit schenken und einem Anstieg der Altersarmut vorbeugen." Dazu müsse die private Zusatzvorsorge ausgebaut werden. Queisser ist Co-Autorin der Studie.
Quelle: ntv.de