Politik

Endlagerung in Russland "Unsinn" Altmaier dementiert

Paragraf 3a sieht vor, dass bilaterale Abkommen mit Staaten über Atommüll-Exporte und eine dortige Endlagerung geschlossen werden können, wenn sie europäische Sicherheitsstandards nachweisen können.

Paragraf 3a sieht vor, dass bilaterale Abkommen mit Staaten über Atommüll-Exporte und eine dortige Endlagerung geschlossen werden können, wenn sie europäische Sicherheitsstandards nachweisen können.

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Einigung für eine bundesweite Atommüll-Endlagersuche ist bisher noch nicht in Sicht. Nun soll das Atomgesetz so geändert werden, dass eine Lagerung in Ländern wie Russland theoretisch möglich ist. Umweltschützer sind empört.

Altmaier will die Endlagerfrage noch vor der Bundestagswahl klären.

Altmaier will die Endlagerfrage noch vor der Bundestagswahl klären.

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Umweltschützer sehen vor ihrem geistigen Auge schon die Castor-Transporte mit deutschem Atommüll nach Russland rollen. "Meint Bundesumweltminister Peter Altmaier es wirklich ernst damit, hochradioaktive Abfälle auf sibirischen Atommüllkippen endlagern zu wollen", fragt der Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. "Oder droht er nur damit, um ein Endlager in Gorleben mit dem Hinweis auf die russische Alternative leichter durchdrücken zu können?"

Die Bundesregierung will Atommüll-Exporte in das Ausland zumindest grundsätzlich ermöglichen. Dafür soll ein neuer Paragraf 3a im Atomgesetz eingefügt werden, der die "Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Endlagerung" regeln soll. Das geht aus einem Gesetzentwurf vor, über den zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Bundesumweltminister Altmaier bezeichnete eine Abschiebung des Problems gegen viel Geld ins Ausland aber als "Unsinn". Ziel bleibe eine neue, bundesweite Endlagersuche.

Die Regierung betonte, dass damit lediglich eine EU-Richtlinie umgesetzt werde. Dadurch wird aber zugleich die Option für eine Endlagerung in Ländern wie Russland geöffnet, wenn es ein bilaterales Abkommen über eine sichere Endlagerung in dem Land gibt. "Wir werden den hochradioaktiven Müll, der in Deutschland angefallen ist, auch in Deutschland entsorgen", betonte Altmaier im WDR-Hörfunk. Das Ziel sei, ein Endlager in Deutschland zu suchen und zu errichten. Das Ministerium betonte, es gebe bisher und auch künftig im Atomgesetz einen Vorrang für eine Endlagerung im Inland. Umweltschützer und Opposition äußerten aber juristische Zweifel, ob dem wirklich so ist.

Noch sieben Monate

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass im Rahmen eines Nationalen Entsorgungsprogramms vom Bund zunächst dargelegt werden soll, "wie eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle umgesetzt werden soll". Die Richtlinie muss bis August umgesetzt werden und zuvor noch vom Kabinett und vom Bundestag beschlossen werden, der Bundesrat muss dem nach Auffassung des Bundesumweltministeriums nicht zustimmen.

Altmaier hofft trotz des Wirbels um die geplante Neufassung des Atomgesetzes auf einen überparteilichen Konsens für eine bundesweite Endlagersuche. Die Gespräche mit SPD und Grünen darüber sollen nach der Niedersachsen-Wahl ab Ende Januar wieder aufgenommen werden. Streit gibt es unter anderem darum, wie mit dem seit 1977 als einzige Option im Fokus stehenden Salzstock Gorleben umgegangen werden soll. Er soll im Topf bleiben, SPD und Grüne fordern aber strenge Kriterien, damit der aus ihrer Sicht zu unsichere Standort bei einem Vergleich mit anderen Optionen rasch herausfallen kann.

"Dann muss der Sack zugemacht werden"

Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die geplante Änderung mit der Öffnung für eine Endlagerung im Ausland scharf. "Die Bundesregierung rüttelt, ohne dies öffentlich zu thematisieren, an dem bei allen Auseinandersetzungen um die Atomenergie in Deutschland immer wieder bestätigten Konsens, wonach der hochradioaktive Atommüll, der in deutschen Atomkraftwerken entsteht, auch in Deutschland zu entsorgen sei", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Man fürchte, dass die Öffnung der Auslandsoption dazu dienen könnte, im Streit mit SPD und Grünen wenig Kompromissbereitschaft zu zeigen. Zur Not stehe ja eine Endlagerung im Ausland, etwa in Russland, zur Verfügung. Es werde einer Endlagerung im Inland kein klarer Vorrang gegeben.

Schon einmal stand die Russland-Option zur Debatte. 2010 ging es dabei um DDR-Atommüll. 18 Castor-Behälter mit 951 Brennelementen aus dem DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf sollten vom Zwischenlager Ahaus in das russische Majak gebracht werden - der Ort gilt aber als einer der verstrahltesten der Welt. Nach massivem Protest untersagte der damalige Umweltminister Norbert Röttgen den Transport.

Altmaier betont unterdessen hartnäckig, dass er ein Endlager in Deutschland will. Der CDU-Politiker zeigt sich überzeugt, dass der einst noch von der rot-grünen Bundesregierung versprochene Termin für ein nationales Atommüll-Endlager im Jahr 2030 weiterhin realistisch sei. "Das Datum ist zu halten, wenn wir vor der Bundestagswahl ein Gesetz hinbekommen", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Nach der Wahl in Niedersachsen und noch vor Ostern müssten die Entscheidungen fallen. "Dann muss der Sack zugemacht werden." SPD und Grüne kritisierten, der neue Vorstoß sei eine schwere Belastung für die Konsensgespräche. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte, den Gesetzesplan zu stoppen.

Quelle: ntv.de, dpa

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