Bürgerkrieg in Sri Lanka Amnestie-Angebot an Rebellen
05.02.2009, 09:35 UhrDie Regierung von Sri Lanka hat den tamilischen Rebellen Straffreiheit angeboten, wenn sie die Waffen niederlegen. Ministerpräsident Ratnasiri Wickremanayake machte das Amnestie-Angebot bei einer Parlamentssitzung in Colombo, nannte aber keine Einzelheiten.
Zuvor hatte Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse in einem Zeitungsinterview gesagt, nur eine vollständige Kapitulation der Rebellengruppe Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) werde akzeptiert. Er wies damit einen Vermittlungsversuch der Europäischen Union, der USA und anderer Länder zurück.
Waffenstillstand gefordert
Australien forderte derweil erneut einen sofortigen Waffenstillstand. Die srilankische Regierung und die LTTE müssten die Kämpfe beenden, damit sich die Zivilisten in Sicherheit bringen könnten, sagte der australische Außenminister Stephen Smith. Langfristig könne Frieden in Sri Lanka nur durch eine politische Lösung erreicht werden.
Die Regierung in Colombo betrachtet ihre jüngste Militäroffensive als Schlussphase des Kampfes gegen die LTTE, die seit 36 Jahren für einen unabhängigen Staat im Norden Sri Lankas kämpft. Seit Mitte 2007 ist das von den Befreiungstigern kontrollierte Gebiet erheblich geschrumpft - derzeit wird es noch auf 300 Quadratkilometer Dschungel geschätzt, wo sich rund 2000 LTTE-Kämpfer verbergen. Die letzte große Rebellenhochburg Mullaittivu war vor gut einer Woche von den Regierungstruppen erobert worden.
Bei den heftigen Gefechten im Nordosten Sri Lankas sind in den vergangenen drei Wochen nach Angaben der tamilischen Rebellenorganisation LTTE mindestens 500 Zivilisten getötet worden. 2000 weitere Zivilisten seien verletzt worden, berichtete der LTTE- nahe Internetdienst Tamilnet unter Berufung auf nicht näher genannte "medizinische Behörden".
Am Donnerstag habe die Armee das letzte im LTTE-Gebiet verbliebene provisorische Krankenhaus in Udaiyaarkaddu beschossen, das in einer Schule untergebracht sei. Dabei seien in der Umgebung der Klinik sieben Zivilisten getötet und 27 verletzt worden.
Die Angaben der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) konnten nicht überprüft werden. Die Armee verwehrt Journalisten und unabhängigen Beobachtern den Zugang ins Kampfgebiet. Die LTTE ist auf einem etwa 200 Quadratkilometer großen Landstrich an der Nordostküste der Insel von der Armee eingekesselt.
Rotes Kreuz "tief besorgt"
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) schätzt die Zahl der im LTTE-Gebiet eingeschlossenen Zivilisten auf 250.000, die Armee auf etwas über 100.000. IKRK-Sprecherin Sarasi Wijeratne sagte, das Rote Kreuz sei "tief besorgt". Am Vortag war das letzte richtige Krankenhaus im LTTE-Gebiet in Putukudirippu nach mehrfachem Beschuss evakuiert worden. Die etwa 300 Patienten seien nun provisorisch in dem Ort Puttunatalan untergebracht und müssten auf dem Boden liegen, sagte Wijeratne. Es fehle an Trinkwasser.
Wijeratne betonte, nach internationalem Recht seien medizinische Einrichtungen sowie Kranke und Verwundete geschützt und dürften nicht beschossen werden. Der letzte Hilfskonvoi habe das LTTE-Gebiet am Donnerstag vor einer Woche erreicht. Die noch etwa 100 einheimischen und ausländischen IKRK-Mitarbeiter in der Region seien "aufgewühlt, aber sicher". Hilfsorganisationen haben in den vergangenen Tagen mehrfach ihre Sorge über das Schicksal der im Kampfgebiet eingeschlossenen Zivilisten geäußert.
Fast 17.000 Tote seit 2006
Die Armee wirft der LTTE vor, den Zivilisten die Flucht zu verwehren und sie als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die LTTE kritisiert, die Armee beschieße die Gegend ohne Rücksicht auf Unbeteiligte. Die Regierung lehnt einen humanitären Waffenstillstand ab, weil sie befürchtet, dass die LTTE sich dann neu gruppiert.
Unterdessen setzte die Armee ihre Offensive gegen die LTTE Militärangaben zufolge mit Luftangriffen und Landgewinnen fort. Die Armee teilte mit, Truppen seien in die Küstenregion Chalai vorgedrungen. In Chalai ist die letzte Basis der Sea Tigers, der marine-ähnlichen Einheit der LTTE. Der Vize-Kommandeur der Sea Tigers und drei andere Rebellenanführer seien getötet worden. Außerdem seien mindestens neun weitere LTTE-Kämpfer und acht Soldaten gestorben.
Armeesprecher Udaya Nanayakkara sagte, seit Beginn der Offensive der Armee im August 2006 seien mehr als 13.000 LTTE-Kämpfer und 3700 Soldaten ums Leben gekommen. Die Streitkräfte hätten jetzt 250.000 Soldaten unter Waffen. Die Zahl der verbliebenen LTTE-Kämpfer liege bei unter 1000. Die LTTE kämpft seit mehr als 25 Jahren für einen eigenen Staat der tamilischen Minderheit in Sri Lanka. Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapakse hatte gestern gesagt, die militärische Niederlage der LTTE sei nur noch eine Frage von Tagen.
Quelle: ntv.de