Verschleppung neuer Trend in China Amnesty fordert klare Worte
22.04.2011, 10:29 UhrChinas Behörden haben ihr Vorgehen gegen Regierungskritiker verschärft. Dutzende Anwälte, Schriftsteller, Journalisten, Künstler und Internet-Blogger werden verschleppt, festgenommen oder unter Hausarrest gestellt. Amnesty International fordert klare Signale an Peking, "dass die Missachtung der Menschenrechte zum Stolperstein in den internationalen Beziehungen wird".
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat mehr politischen Druck der Bundesregierung auf die Volksrepublik gefordert. Kritik an der Verhaftung des Künstlers Ai Weiwei und vieler anderer Bürgerrechtler müsse deutlicher artikuliert werden, sagte Amnesty-China-Experte Dirk Pleiter. "Man muss sich klar positionieren und das verurteilen. Längerfristig muss man auf mehr Reformen in China drängen."
Im Dialog mit China müsse Deutschland viel mehr auf rechtliche Reformen pochen, sagte Pleiter. "China ist noch weit weg von einem Rechtsstaat." Auf dem Papier habe das Land Fortschritte vorzuweisen, aber es werde noch nicht nach Recht regiert. Besonders im Strafrecht gebe es Defizite. Dem sei zum Beispiel noch immer kein Anwalt zur Seite gestellt worden.
Nach Ansicht von Pleiter führt internationaler Protest nicht in jedem Einzelfall zu einer schnelleren Freilassung. Aber: "Die Proteste zeigen, dass die Missachtung der Menschenrechte zum Stolperstein in den internationalen Beziehungen wird."
Verschwinden als neues Instrument
Laut Amnesty International soll China seit Februar 100 politisch missliebige Personen festgenommen haben, vor allem Schriftsteller seien gefährdet. Die Verhaftung Ai Weiweis zeige eine neue Dimension: "Das Verschwinden ist etwas, was in China bislang nicht häufig vorgekommen ist. Es ist ein neues Instrument der Behörden."
Pleiter äußerte sich pessimistisch über eine rasche Freilassung Ai Weiweis. Dessen Familie sei immer noch nicht informiert worden, wo genau er sei. Außerdem hätten die Behörden immer noch nicht offiziell den im Raum stehenden Vorwurf von Wirtschaftsdelikten erhoben. "Unter diesen Vorzeichen könnte es sein, dass Ai Weiwei noch mehrere Monate inhaftiert bleibt."
Die chinesischen Behörden hatten zuletzt angesichts von Aufrufen zu Protesten wie in der arabischen Welt ihr Vorgehen gegen Regierungskritiker verschärft. Dutzende Anwälte, Schriftsteller, Journalisten, Künstler und Internet-Blogger wurden in den vergangenen Wochen verschleppt, festgenommen oder unter Hausarrest gestellt.
US-Vizeaußenminister in Peking
Die USA und China wollen in der kommenden Woche in Peking Gespräche zur Lage der Menschenrechte führen. Dabei solle auch über den "negativen Trend" in China von Verschleppungen oder "nicht rechtsstaatlicher Festnahmen von Regierungskritikern" und deren Verurteilung vor Gericht gesprochen werden, teilte das US-Außenministerium mit. Der für Menschenrechte zuständige Vize-Außenminister Michael Posner werde Mitte kommender Woche eine US-Delegation in Peking anführen. Es solle zwei Tage lang "tiefgehende und ehrliche Gespräche" geben.
Das US-Außenministerium hatte das Vorgehen gegen Regierungskritiker in China wiederholt kritisiert, unter anderem in seinem vor zwei Wochen veröffentlichten jährlichen Bericht zum Stand der Menschenrechte in der Welt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP