Aufmarsch vor Kolumbien Anden-Krise verschärft
05.03.2008, 18:32 UhrIm Konflikt mit dem Nachbarland Kolumbien hat Venezuela tausende zusätzliche Soldaten an der Grenze aufmarschieren lassen. Von den zehn Panzer-Bataillonen mit einer Sollstärke von insgesamt etwa 8000 Mann, deren Verlegung Präsident Hugo Chvez angeordnet hatte, seien 85 Prozent an ihren Stationierungsorten eingetroffen, teilte die venezolanische Militärführung mit. Die restlichen Truppen würden an der 2500 Kilometer langen gemeinsamen Grenze erwartet, sagte Verteidigungsminister Gustavo Rangel in Caracas.
Militärexperten schätzen, dass insgesamt mehr als 200 Panzer unterwegs sein könnten. Auch die Marine und die Luftwaffe seien von der Mobilisierung betroffen, teilte das venezolanische Verteidigungsministerium weiter mit. Bereits am Sonntag hatte Venezuela Soldaten an der Grenze zusammengezogen.
In Ecuador, das ebenfalls eine Verstärkung seiner Truppen an der Grenze zu Kolumbien angekündigt hatte, gab es keine genauen Angaben über den Umfang des Militäraufmarsches. In unbestätigten Medienberichten war von 3200 Soldaten die Rede. Sowohl Ecuador als auch Venezuela hatten schon zuvor die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien abgebrochen. Der venezolanische Präsident Chvez warnte sogar von einem Krieg in der Andenregion. Kolumbien hat dagegen angekündigt, keine eigenen Truppen an der Grenze zusammenzuziehen.
Durch die Verlegung von schwerem militärischen Gerät spitzen sich die Spannungen zwischen den südamerikanischen Staaten weiter zu. Die Krise war durch einen kolumbianischen Militärschlag gegen Rebellen in Ecuador ausgelöst worden, bei dem der stellvertretende FARC-Anführer Ral Reyes getötet worden war.
OAS findet Kompromiss-Text
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat bei einer Krisensitzung in Washington die kolumbianische Aktion in Ecuador als Verletzung der Souveränität des Nachbarlandes bezeichnet. Der Text, auf den sich zuvor die Vertreter Kolumbiens und Ecuadors geeinigt hatten, enthielt keine Verurteilung Kolumbiens. Damit gingen beide Seiten erstmals wieder aufeinander zu. Kolumbien hatte eine Erwähnung seines Namens ganz verhindern wollen, Ecuador eine Verurteilung Kolumbiens gefordert.
Zugleich wurde die Einsetzung einer Kommission unter Leitung des Generalsekretärs der OAS, Jos Miguel Insulza, vereinbart. Über Aufgaben und Befugnisse dieser Kommission soll Insulza entscheiden. Die Außenminister der OAS-Mitgliedsstaaten wurden für den 17. März zu einem Treffen nach Washington eingeladen.
Als Vermittler zwischen Kolumbien und Ecuador bot sich unterdessen die ehemalige Kolonialmacht Spanien an. Ziel sei die Wiederherstellung "normaler Beziehungen zwischen zwei Bruderstaaten", sagte der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos nach Telefongesprächen mit seinen beiden Amtskollegen.
FARC bestimmt Nachfolger
Die kolumbianische Luftwaffe hatte am Samstag ein Rebellen-Lager in Ecuador mit Streubomben angegriffen. Dabei waren nach ecuadorianischen Angaben neben Reyes, der Nummer zwei der marxistischen Rebellengruppe Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (FARC), auch 21 weitere Rebellen getötet worden. Nach der Bombardierung waren kolumbianische Bodentruppen nach Ecuador eingedrungen, um Reyes' Leiche nach Kolumbien zu bringen.
Zum Nachfolger von Reyes beriefen die Rebellen nach Medienberichten den 60-jährigen FARC-Kommandanten Milton de Jess Toncel alias Joaqun Gmez. Er sei Anführer der schlagkräftigen Kampfgruppe Süd der Rebellen, hieß es. Die 1964 gegründete FARC ist die älteste und mit etwa noch 10.000 Männern und Frauen unter Waffen auch die stärkste Rebellen-Gruppe Kolumbiens.
Quelle: ntv.de