Politik

Guantánamo-Häftlinge Anfrage an Deutschland

Die US-Regierung hat der Bundesregierung eine detaillierte Liste mit Guantánamo-Häftlingen überreicht, für die Aufnahmeplätze in Europa gesucht werden. "Es liegt eine konkrete Anfrage vor", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Samstag in Berlin. Er bestätigte damit einen Bericht des Magazins "Der Spiegel". Danach hat der Beauftragte der US-Regierung für Guantánamo, Dan Fried, in der vergangenen Woche in Berlin Unterlagen mit Fällen einzelner Häftlinge im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt übergeben.

Es handele sich um knapp 10 von insgesamt rund 50 Insassen, die nach Schließung des US-Gefangenenlagers nicht in ihre Heimatländer zurück könnten und in den USA als ungefährlich gelten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte am Samstag lediglich, dass es ein Gespräch mit Fried gegeben habe. Mit der Bearbeitung der Fälle werde das zuständige Innenministerium (BMI) beginnen, sobald die Liste an das Ressort übermittelt worden sei. Wie lange dies dauern werde, konnte der BMI-Sprecher nicht sagen. Jeder Einzelfall müsse sorgfältig nach dem Aufenthaltsrecht geprüft werden. Dabei spielten nicht nur Sicherheitsaspekte eine Rolle.

Klare Aufnahmebestimmungen

Nach der gemeinsamen Haltung der Bundesregierung seien in erster Linie die Herkunftsländer der Freigelassenen beziehungsweise die USA - in deren Hoheitsgebiet sie sich derzeit aufhalten - für die Aufnahme zuständig, sagte der Sprecher. Deswegen müsse für eine Entscheidung über die eventuelle Aufnahme in Deutschland auch begründet werden, warum weder das Heimatland noch die USA in Frage kämen. Vor einer Entscheidung werde das Innenministerium in jedem Fall auch Rücksprache mit anderen Regierungsressorts und den Länderregierungen halten.

US-Justizminister Eric Holder hatte am Mittwoch nach Gesprächen mit der Bundesregierung in Berlin mitgeteilt, die USA wollten in Kürze 30 Insassen aus Guantánamo freilassen. Seine Regierung sei zuversichtlich, dass sich auch Verbündete in Europa an einer Aufnahme beteiligten. Er habe für diesen Wunsch bei seinen Treffen "kein endgültiges Nein" erhalten und hoffe auf eine "faire Aufteilung". Über konkrete Zahlen sei noch nicht gesprochen worden, betonte Holder, der unter anderem mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusammengekommen war. Washington werde sich in etwa einem Monat an andere Regierungen wenden.

Innerhalb der Bundesregierung war die Aufnahme von einzelnen Gefangenen umstritten. Während Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aus humanitären Gründen dafür plädierte, führte Schäuble Sicherheitsbedenken ins Feld. Im Gespräch ist, dass etwa fünf ehemalige Guantánamo-Insassen nach Deutschland kommen.

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin forderte eine zügige Prüfung, ob in den wenigen konkret angefragten Fällen nicht mehr Guantánamo- Häftlinge in Deutschland aufgenommen werden können. "Diese Menschen sind Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen geworden." Die neue US-Regierung habe Bereitschaft gezeigt, die Verbrechen in Guantánamo Bay aufzuarbeiten. Trittin: "Deutschland sollte dabei helfen."

Quelle: ntv.de

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