Politik

Robert Levinson seit sechs Jahren vermisst Angeblicher Geschäftsmann war CIA-Spion

Dieses Foto erhielt die Familie von Robert Levinson im April 2011. Im November 2010 war ihr ein Video geschickt worden.

Dieses Foto erhielt die Familie von Robert Levinson im April 2011. Im November 2010 war ihr ein Video geschickt worden.

(Foto: AP)

Im März 2007 verschwindet ein US-Bürger auf der iranischen Urlaubsinsel Kisch. Die US-Regierung behauptet, Levinson sei als Privatmann im Iran gewesen. Das klang schon damals unwahrscheinlich. Richtig ist: Einen offiziellen Auftrag hatte Levinson nicht.

Als der Amerikaner Robert Levinson vor sechs Jahren im Iran verschwand, lag nahe, dass er für die USA spioniert hatte. Schließlich hatte Levinson Jahre zuvor für die Bundespolizei FBI sowie für die Antidrogenbehörde DEA gearbeitet.

Doch die US-Regierung beharrte darauf, dass Levinson als Geschäftsmann für einen britischen Tabakkonzern unterwegs gewesen sei. "Levinson hat nicht für die Regierung der Vereinigten Staaten gearbeitet", erklärte die damalige Außenministerin Condoleezza Rice.

Mit diesen Bildern sucht das FBI nach seinem früheren Mitarbeiter.

Mit diesen Bildern sucht das FBI nach seinem früheren Mitarbeiter.

(Foto: AP)

Diese Darstellung war offenbar falsch. Die Nachrichtenagentur AP und die Zeitung "Washington Post" berichten auf der Basis von jahrelangen Recherchen, Levinson sei im Rahmen einer "nicht autorisierten Operation" für den Geheimdienst CIA in den Iran gereist.

Levinson flog im März 2007 in den Iran. Was bisher nicht bekannt war: Kurz vor seiner Abreise hatte er mit einer CIA-Mitarbeiterin darüber verhandelt, ob sein früherer Vertrag mit dem Geheimdienst erneuert werden könnte. Er fragte außerdem an, ob die CIA seine Reisekosten übernehmen würde.

Es ging um Irans Atomprogramm

Levinson hatte das FBI 1998 verlassen und seither als Privatermittler gearbeitet. Spätestens seit 2006 war er freier Mitarbeiter des CIA. Seine Aufgabe war es eigentlich, Berichte zu schreiben, doch er habe "mehr wie ein Spion operiert", schreibt die "Washington Post". Unter anderem habe er Details über kolumbianische Rebellen geliefert, über den damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und das iranische Atomprogramm.

Im März 2007 wollte Levinson auf der iranischen Insel Kisch im Persischen Golf einen Informanten treffen, um mit ihm über das Atomprogramm zu sprechen. Am Tag nach dem mehrstündigen Gespräch checkte er aus seinem Hotel aus. Seitdem ist er verschwunden. Durch die von Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen ist klar, dass die USA schon bald davon ausgingen, dass er von iranischen Geheimdiensten entführt worden war.

CIA spielte den Fall herunter

Die eigentlich zuständigen Stellen im Geheimdienst wussten offenbar nichts von Levinsons Reiseplänen. Sein Kontakt zur CIA lief über eine CIA-Analystin, mit der er befreundet war, Anne Jablonski. Sie schrieb ihm vor der Reise in einer Mail, er solle sich keine Gedanken über eine Bezahlung machen, sie würde sich darum kümmern. Jablonski war jedoch nicht befugt, Operationen im Ausland anzuordnen.

Vertreter der CIA spielten die Verbindung ihres Dienstes zu Levinson in nichtöffentlichen Sitzungen des Geheimdienstausschusses im US-Senat gezielt herunter. Erst durch Recherchen der Familie wurde klar, dass Levinson im Auftrag von Jablonski in den Iran gereist war.

Intern führte der Fall zu einer groß angelegten Untersuchung, so die "Post". Der Geheimdienst änderte seine Richtlinien über den Umgang mit freien Mitarbeitern und belegte zehn Angestellte mit Disziplinarmaßnahmen. Drei von ihnen wurden aus dem Dienst entfernt, darunter Jablonski. Zugleich zahlte die CIA mehr als 2,5 Millionen Dollar an Levinsons Frau Christine. Ein öffentliches Bekenntnis zu Levinson gab es nicht.

Irans Regierung weiß angeblich von nichts

Bis heute ist Levinsons Schicksal ungeklärt. Das bis dato letzte Lebenszeichen erhielt seine Familie vor drei Jahren in Form von Fotos, die ihn in Gefangenenkleidung im Stil der Guantánamo-Häftlinge zeigen. Zuvor war der Familie bereits ein Video von Levinson geschickt worden. "Ich werde hier seit dreieinhalb Jahren festgehalten", sagt er darin. "Ich bin nicht bei guter Gesundheit. Mir wird die Diabetes-Medizin sehr bald ausgehen." Wer das Video aufgenommen und verschickt hat, ist unklar. Levinson spricht darin von einer Gruppe, die ihn entführt und "Forderungen" an die US-Regierung gerichtet habe.

Erst kürzlich berichtete der Sender NBC, die US-Regierung hoffe, dass die neue Führung in Teheran bei seiner Freilassung helfen werde. Iranische Regierungsvertreter bestreiten bislang, etwas mit dem Verschwinden von Levinson zu tun zu haben. "Wir wissen nicht, wo er ist", sagte der iranische Präsident Hassan Rohani im September in einem CNN-Interview.

Weißes Haus wollte den Artikel verhindern

Levinson wäre heute 65 Jahre alt. US-Geheimdienstmitarbeiter gehen laut "Post" und AP davon aus, dass er "harten Verhörmethoden" unterzogen wurde und von seiner Verbindung zur CIA erzählt hat. Seine Familie wirft den USA vor, sich nicht ausreichend um den Fall gekümmert zu haben. "Die US-Regierung hat darin versagt, das Leben dieses guten Mannes so wichtig zu nehmen wie sie es angemessen gewesen wäre", heißt es in einer Erklärung der Familie.

Der Journalist Adam Goldman recherchiert bereits seit 2010 an Levinsons Geschichte, zunächst für die Nachrichtenagentur AP, seit Kurzem für die "Washington Post". Seine Geschichte erschien deshalb über beide Medien. Zunächst verzichtete er auf eine Veröffentlichung seiner Informationen, weil die US-Regierung ihm versichert hatte, dass Levinson bald freigelassen werden solle.

Das Weiße Haus bedauerte, dass die Geschichte nun erschien. Sie helfe nicht dabei, Levinson "nach Hause zu bringen". Vergeblich sei AP aufgefordert worden, davon abzusehen, sagte die Sprecherin Caitlin Hayden.

Quelle: ntv.de

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