Politik

Feuertod in der Polizeizelle Angeklagter bricht Schweigen

Der wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagte Polizist beteuert, trotz mehrfachen Alarms nicht an einen Brand in der Zelle geglaubt zu haben. Der Tod des Asylbewerbers Jalloh gehe ihm "sehr nahe".

Der Polizist Andreas S. auf der Anklagebank im Landgericht Magdeburg.

Der Polizist Andreas S. auf der Anklagebank im Landgericht Magdeburg.

(Foto: dpa)

Im neuen Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau hat der Angeklagte sein Schweigen gebrochen. In einer Erklärung beteuerte der Polizist, bei dem Vorfall vor sechs Jahren trotz mehrfachen Alarms nicht an einen Brand in der Zelle gedacht zu haben. "Ich muss unterschwellig an eine Fehlfunktion gedacht haben", sagte der Mann im Landgericht Magdeburg. Dass ein Brand ausgebrochen war, habe er erst gemerkt, als er die Zellentür öffnete.

Der aus dem afrikanischen Sierra Leone stammende Jalloh war zu dem Zeitpunkt schon tot. In der Zelle soll der 23-Jährige trotz Fesselung selbst Feuer gelegt haben.

Vor Gericht brachte der Angeklagte sein Bedauern und seine Betroffenheit zum Ausdruck. "Der Tod geht mir sehr nahe, besonders, dass ich nicht rechtzeitig helfen konnte." Er wolle seinen Beitrag zur lückenlosen Aufklärung des Geschehens beitragen, betonte der Beamte, der nach dem Geschehen am 7. Januar 2005 zweimal schwer erkrankt war . Nachdrücklich wies er fremdenfeindliche oder rassistische Motive zurück.

Lücken in der Beweiskette

Der 50-jährige Polizist, der in einem ersten Verfahren in Dessau freigesprochen worden war, ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. und verwies den Fall zur Neuverhandlung nach Magdeburg zurück. Nach Auffassung des BGH weist das Dessauer Urteil wesentliche Lücken in der Beweiskette auf. Ungeklärt ist aus Sicht des BGH, wie es dem gefesselten Jalloh möglich gewesen sein soll, den Bezug seiner Matratze anzuschmoren, ohne sich die Hand zu verbrennen und Schmerzenslaute von sich zu geben, die der Angeklagte über die Gegensprechanlage hätte hören müssen. Nach Auffassung des BGH hätte der Polizist den Tod Jallohs womöglich verhindern können, wenn er nach dem Alarm des Rauchmelders sofort in dessen Zelle geeilt wäre.

Rufe aus der Zelle

Ein symbolischer Sarg der Initiative "Oury Jalloh" mit einem Foto des Opfers steht bei einer Mahnwache vor dem Landgericht.

Ein symbolischer Sarg der Initiative "Oury Jalloh" mit einem Foto des Opfers steht bei einer Mahnwache vor dem Landgericht.

(Foto: dpa)

Der Angeklagte berichtete, sein Dienstplatz sei per Wechselsprechanlage mit der Zelle verbunden gewesen. Er habe Rufe aus der Zelle gehört. Um ein Telefonat ungestört führen zu können, habe er zeitweise die Lautstärke heruntergedreht. Ähnlich hatte er sich im ersten Prozess vor dem Landgericht Dessau-Roßlau geäußert.

Jalloh soll, obwohl an Händen und Füßen gefesselt, mit einem Feuerzeug die Matratze angezündet haben, auf der er lag. Er starb, weil er die extrem heißen Gase einatmete. Die Polizei hatte ihn festgenommen, weil er Frauen auf der Straße belästigt haben soll und seine Identität nicht eindeutig festgestellt werden konnte. Jalloh hatte fast drei Promille Alkohol im Blut. Bei der Polizei wehrte er sich heftig.

Zum Auftakt des dritten Verhandlungstages hatte die Verteidigung vor überzogenen Erwartungen gewarnt. Es gehe um die individuelle Schuld des angeklagten Polizisten, nicht um die Aufklärung des gesamten Geschehens. Die Gerechtigkeit, die die Familie von Jalloh erwarte, könne das Gericht nicht leisten. Familienmitglieder treten in dem Verfahren als Nebenkläger auf.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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