Heftige Kritik an EU-Mission Atalanta Angriff auf Piraten an Land
23.03.2012, 18:18 Uhr
Noch sind sie sicher an Land. EU-Truppen dürfen somalische Piraten nur auf dem Wasser angreifen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die EU jagt Piraten vor der Küste Somalias. Dank eines neuen Mandats dürfen die Truppen der Mitgliedsländer künftig Boote und Stützpunkte der modernen Seeräuber auch an Land angreifen. Ein Vorgehen, dass Grüne und Sozialdemokraten in Deutschland empört.
Die Ausweitung des EU-Antipirateneinsatzes Atalanta auf Ziele an der somalischen Küste ist nach Ansicht des Grünen-Politikers Reinhard Bütikofer völkerrechtswidrig. Der Beschluss der EU-Außenminister sei "ein weiterer Schritt in Richtung Militarisierung der Problemlösung", sagte der Vizevorsitzende der Grünen im Europaparlament. "Die EU-Außenminister ignorieren, dass Piraten Kriminelle und keine feindlichen Kämpfer sind. Piraten an Land zu beschießen, ohne dass von ihnen direkte Gefahr ausgeht, ist schlicht völkerrechtswidrig."

Die Küstenwache von Somaliland ist oft hilflos. Viele ihrer Boote sind schrottreif.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die EU-Außenminister beschlossen zuvor die Ausweitung des Mandats für die Atalanta-Mission am Horn von Afrika. In Zukunft soll dabei nicht nur auf dem Meer, sondern auch am Strand des gegen Piraten vorgegangen werden, indem Boote und andere logistische Ziele der Piraten dort beschossen werden können. Der Einsatz von Soldaten an Land ist nicht vorgesehen, Menschen sollen nicht zum Ziel der Angriffe am Strand werden.
Deutschland hatte sich lange gegen die Ausweitung des Atalanta-Mandats gesperrt. Nun verteidigte Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Mandatsänderung für den Antipirateneinsatz. "Es ist einfach nicht wirkungsvoll, wenn Piraten sich mit ihren Waffen in dem Augenblick sicher fühlen können, wenn sie in Sichtweite zu unseren Soldaten den Strand betreten haben", sagte der FDP-Politiker. Es sei "nationale Pflicht, gegen Piraterie robust vorzugehen", um "Leib und Leben von unseren Seeleuten" zu schützen.
Die notwendige Zustimmung des Bundestags zu der Mandatserweiterung will Westerwelle jetzt "zügig" einholen. Zwar reicht der Bundesregierung ihre eigene Mehrheit im Parlament für den Beschluss, sie muss sich aber wohl auf heftige Kritik der Opposition einstellen.

(Foto: REUTERS)
Die Entscheidung sei "hochriskant und deswegen abzulehnen", sagte Bütikofer. "Die Wahrscheinlichkeit, dass EU-Militärkräfte Zivilisten verletzen oder sogar töten ist ausgesprochen hoch." Zudem wachse die Gefahr, "dass EU-Kräfte in direkte Auseinandersetzungen mit diversen bewaffneten Gruppen geraten, die gar nicht den Piraten zuzurechnen sind". Und nicht nur die Grünen haben Vorbehalte.
"Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold bezeichnete das Vorhaben im Deutschlandfunk als "Scheinlösung". Zwar sei noch keine Entscheidung in der SPD-Fraktion zum Abstimmungsverhalten im Bundestag gefallen, doch wäre sein Rat, "diesmal Nein zu sagen".
am Horn von Afrika ist die EU-Mission Atalanta seit Ende 2008 unter Beteiligung der Bundeswehr mit bis zu zehn Kriegsschiffen sowie Aufklärungsflugzeugen im Einsatz. Ziel ist der Schutz von Handelsschiffen und Hilfslieferungen des UN-Welternährungsprogramms.
Doch die Zahl von Piratenangriffen vor der somalischen Küste, im Indischen Ozean und Arabischen Meer ist weiterhin hoch. Das Seegebiet gilt als das gefährlichste der Welt, allein im vergangenen Jahr gab es dort rund 230 Piratenangriffe. In der Vergangenheit haben die Piraten immer wieder Besatzungsmitglieder entführt, um millionenschwere Lösegelder zu erpressen.
Quelle: ntv.de, AFP