Politik

"Substanzlose Ankündigungen" Angst vor Merkels Show-Gipfel

Einen Tag vor dem Bildungsgipfel hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer das von Kanzlerin Angela Merkel angeregte Treffen in Dresden kritisiert. "Ich erwarte, dass der Bildungsgipfel nach drei Stunden vorbei ist", sagte Böhmer der "Welt". "Ich habe ihn nicht erfunden. Bildung ist eindeutig Ländersache." Daher würden Einzelheiten auf dem Treffen nicht beschlossen. "Aber über gemeinsame Aufgaben können die Länder mit dem Bund reden", fügte der CDU-Politiker hinzu.

Auch SPD und Grüne haben davor gewarnt, den Bildungsgipfel von Bund und Ländern zu einer reinen Show werden zu lassen. Zu dem Gipfel trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch mit den Ministerpräsidenten der Länder. SPD-Präsidiumsmitglied Christoph Matschie sagte: "Es darf kein Gipfel der Allgemeinplätze werden. Diese Gefahr zeichnet sich ab." Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Krista Sager, sagte, der Gipfel dürfe nicht zu "einer bloßen Showveranstaltung" werden.

Sorge vor leeren Worten

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat Merkel vor "substanzlosen Ankündigungen" gewarnt. Offenbar seien die großen Ankündigungen der Kanzlerin, Bildung werde auch für den Bund zu einem absoluten Schwerpunktthema, nicht durch konkrete Projekte gedeckt, erklärte Wowereit. Er sei enttäuscht von den bisherigen Vorgesprächen zum Gipfel, erklärte Wowereit. Dies gelte besonders dafür, dass es vom Kanzleramt bisher keine Signale gebe, auf die Herausforderungen im Bildungssektor mit dringend notwendigen neuen Konzepten zu reagieren. Wenn man es nicht bei wohlfeilen Versprechen belassen wolle, habe das selbstverständlich auch mit Geld zu tun, mahnte der SPD-Politiker.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan kündigte unterdessen an, sie wolle erreichen, dass Deutschland bis zum Jahr 2015 drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und sieben Prozent in Bildung steckt. Derzeit seien dies zusammen 6,2 Prozent, sagte die Ministerin mit Blick auf den Bildungsgipfel der in Regensburg erscheinenden "Mittelbayerischen Zeitung".

Betonung der Gemeinsamkeit

Es würden Instrumente und Strategien entwickelt, um die Steigerung zu erreichen, sagte sie. "Der Bildungsgipfel wird ein Signal setzen, dass Bund und Länder gemeinsam alle Kraft daran setzen, in Deutschland eines der besten Bildungssysteme weltweit zu haben." Das Abschlussdokument, das in Dresden verabschiedet werden solle, unterstreiche auch die Gemeinsamkeiten von Bund und Ländern in der Bildungspolitik quer durch die Parteien.

Merkel selbst ist vor dem Treffen um ein konstruktives Klima bemüht und hat die Bundesländer ausdrücklich gelobt. "Das Treffen in Dresden ist der Auftakt für ein neues Klima der Zusammenarbeit, für das ich den Ländern danke", sagte Merkel der "Bild"-Zeitung. Der erste gemeinsame Bildungsgipfel zeige, "dass Bund und Länder bei aller Unterschiedlichkeit der Zuständigkeiten gemeinsam vereinbarte Ziele verfolgen wollen".

Merkel zeigte sich überzeugt, dass es gemeinsam finanzierte Bildungs-Initiativen geben werde. Außerdem sollten Bund und Länder an den "Schnittstellen" von Bildungsverläufen "gemeinschaftlich finanzierte Aktionen starten", wie die Förderung von Deutschkenntnissen im Vorschulalter oder beim Übergang von der Schule in den Beruf. "Deutschland muss Bildungsrepublik werden, weil wir in erster Line vom Wissen und Können aller Bürger leben", sagte die Kanzlerin. "Und Bildung bedeutet auch für jeden Einzelnen die Chance zum Aufstieg in unserer Gesellschaft."

Interne Differenzen

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-regierten Länder, Doris Ahnen, kritisierte Uneinigkeit in der Union. Es sei bedauerlich, dass sich Kanzlerin Merkel und Bildungsministerin Schavan mit den Unions- Ministerpräsidenten "nicht einmal intern auf die Ziele des Bildungsgipfels einigen konnten", sagte Ahnen der Zeitung "Die Rheinpfalz".

Matschie sagte der "Berliner Zeitung", neben dem Verzicht auf Studiengebühren müssten Bund und Länder auch ein zweites Ganztagsschulprogramm auf den Weg bringen. "Dadurch können Kinder und Jugendliche besser gefördert und ihre Zukunftschancen verbessert werden." Die Länder könnten dies aus ihren Haushalten finanzieren. Der Bund könne dabei helfen, indem er Sozialarbeiter an Schulen bezahle.

"Bildungssoli" für direkte Investitionen

Sager erneuerte die Forderung ihrer Partei nach einem "Bildungssoli", um zusätzliche Mittel für den Ausbau des Bildungssystems bereitzustellen. Gespeist werden sollte dies aus den nicht für den Aufbau Ost verwendeten Mitteln aus dem Solidarausgleich, schrieb sie in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel". Zwischen 2010 und 2019 sollten mindestens 23 Milliarden Euro daraus direkt in Bildung investiert werden. "Auch wenn sich infolge der Finanzkrise die Konjunktur verschlechtern sollte, muss umso härter ein Vorrang für Bildung durchgesetzt werden."

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), drang auf konkrete Ergebnisse des Spitzentreffens. "Ich erwarte, dass Bund und Länder beim Thema Bildung parteiübergreifend an einem Strang ziehen. Der Bildungsgipfel muss einen Prozess anstoßen, mit einem verbindlichen Umsetzungsplan und kontinuierlichen Erfolgskontrollen, verlangte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun in der "Passauer Neuen Presse".

Der Chef des Lehrerverbands, Josef Kraus, befürchtet in der "Thüringer Allgemeinen" dennoch, "dass das Ganze Vorwahlkampf ist, allenfalls Schaufensterpolitik".

Quelle: ntv.de

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