Blutige "Schlaflose Nacht" Anschlag in Paris
06.10.2002, 07:59 UhrAuf einer Großveranstaltung im Pariser Rathaus ist der Bürgermeister Bertrand Delanoe in der Nacht zum Sonntag von einem 39-Jährigen niedergestochen worden. Der offenbar geistig verwirrte Täter wurde überwältigt und festgenommen.
Ein Krankenhaus-Sprecher sagte, Delanoes Zustand sei nicht Besorgnis erregend. Der Bürgermeister sei erfolgreich operiert worden und befinde sich auf dem Weg der Besserung.
Aus Justizkreisen verlautete, der Angreifer sei ein 39-jähriger Moslem aus der Nähe von Paris. Er habe beim Verhör als Tatmotiv "Feindseligkeit gegenüber Politikern und Homosexuellen" angegeben. Delanoe hatte sich bereits vor Jahren zu seiner Homosexualität bekannt.
Ganz Paris feierte die von Delanoe initiierte "nuit blanche " (Weiße Nacht - im Französischen der Ausdruck für eine schlaflose Nacht) mit zahlreichen Kulturaktionen und Konzerten. Viele bekannte Gebäude wie der Eiffelturm waren bis zum Morgengrauen geöffnet.
Delanoe hatte sich im Rathaus, wo rund 2.000 Personen feierten, ohne Leibwächter unter die Menge gemischt. Der 39-Jährige drängte sich zu ihm und stach ihn in den Unterleib. Ein Mitarbeiter des Bürgermeisters überwältigte den Täter, der am Sonntagvormittag von der Polizei vernommen wurde.
Staatspräsident Jacques Chirac, auf den am 14. Juli ein Attentatsversuch verübt worden war, übermittelte Delanoe seine Genesungswünsche und verurteilte die "sinnlose Tat". Chirac war 18 Jahre lang Bürgermeister von Paris. Delanoe, der erste Sozialist im Rathaus der französischen Hauptstadt, steht seit März letzten Jahres an der Spitze einer rot-grünen Koalition.
Im Sommer initiierte er die populäre Aktion "Paris Strand", die während eines Monats eine Schnellstraße an der Seine in ein Strandbad mit Palmen und Liegestühlen verwandelte. Sie war Teil der neuen rot-grünen Verkehrspolitik, die die jahrzehntelange Bevorzugung des Autos beenden will. Der 52-Jährige setzt sich mit seiner schlichten Amtsausübung bewusst von seinen oft pompös residierenden Vorgängern Chirac und Jean Tiberi ab. Er verzichtete auf die riesige Dienstwohnung im Rathaus, die er zum Teil in eine Kinderkrippe umbauen lässt.
Quelle: ntv.de