Politik

Gipfel von Bund und Ländern "Anstrengungen statt Finanztricks"

Die Finanzminister der Länder wollen die Bildungskosten künstlich hochrechnen. Beschlossen ist, Kosten für Lehrerpensionen als Bildungsausgaben zu werten. Umstritten ist noch, ob auch fiktive Kosten für Bildungsimmobilien eingerechnet werden dürfen. Sachsens Kultusminister Roland Wöller (CDU) warnt im Interview mit n-tv.de vor einem solchen Finanztrick.

Roland Wöller mit Mädchen und Jungen der Kita Waldhäusl im Dresdner Hygiene-Museum.

Roland Wöller mit Mädchen und Jungen der Kita Waldhäusl im Dresdner Hygiene-Museum.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

n-tv.de: Steckt Deutschland genug Geld in die Bildung?

Roland Wöller: Unsere Bildungsausgaben liegen auf einem sehr hohen Niveau, wobei man sagen muss, dass Finanzen wichtig, aber nicht alles sind; wir wissen ja nicht erst seit der Pisa-Studie, dass die Qualität der Bildung auch von anderen Faktoren bestimmt wird.

Es ist also genug Geld?

Beim ersten Bildungsgipfel im Oktober 2008 haben wir uns selbst das Ziel gesetzt, mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Investitionen in Bildung und Forschung auszugeben. Es ist klar, dass wir nachlegen müssen. Bund und Länder müssen sich jetzt darauf verständigen, wie das zu geschehen hat.

Beim ersten Bildungsgipfel waren zehn Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für das Zieljahr 2015 noch geschätzte 25 bis 60 Milliarden Euro, jetzt ist seitens der Länder nur noch von 13 Milliarden die Rede. Wo ist das Geld geblieben?

Sie müssen den Referenzwert im Blick behalten. Es sieht so aus, dass wir die zehn Prozent bereits im Haushaltsjahr 2009 erreichen werden, einfach weil das Bruttoinlandsprodukt aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise geschrumpft ist. So gesehen haben wir das Ziel erreicht. Allerdings wird das auf Dauer nicht reichen. Bis 2015 wird es in der Bildung ein Defizit von insgesamt 13 Milliarden Euro geben. Bund und Länder müssen darüber sprechen, wie sie dieses Defizit decken wollen, um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen. Auch das wird Gegenstand der Gespräche auf dem Bildungsgipfel sein.

In das Zehn-Prozent-Ziel werden nun auch die Pensionen von Lehrern eingerechnet oder "kalkulatorische Unterbringungskosten", also weitgehend fiktive Kosten für staatseigene Bildungsimmobilien. Wie groß ist der Anteil von Rechentricks beim vorzeitigen Erreichen der Zehn-Prozent-Marke?

Prof. Dr. Roland Wöller (CDU) ist sächsischer Minister für Kultus und Sport.

Prof. Dr. Roland Wöller (CDU) ist sächsischer Minister für Kultus und Sport.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das ist sehr schwer zu sagen. Richtig ist, dass die Lehrerversorgung mit eingerechnet wird, also auch die Beamtenpensionen. Immerhin man hat sich aber darauf verständig, nur die Kosten der Versorgungsrücklage für die derzeit arbeitenden Lehrer mit einzurechnen, also nicht die Pensionszahlungen an Lehrer, die schon im Ruhestand sind. Die Finanzminister haben zudem vorgeschlagen, kalkulatorische Kosten mit einzurechnen. Ich denke allerdings nicht, dass das sinnvoll wäre. Wir haben in den Haushalten eine Einnahme- und Ausgaberechnung, keine kaufmännische Buchführung. Insofern wäre die Einbeziehung kalkulatorischer Kosten aus meiner Sicht ein Finanztrick, um uns auf zehn Prozent hochzurechnen. Als Kultusminister erwarte ich jedoch echte Anstrengungen vom Bund und den Ländern, um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen.

Im Moment sieht es allerdings so aus, als würden sich die Finanzminister durchsetzen, es scheint eine indirekte Verknüpfung zu geben zwischen der Zustimmung einzelner Bundesländer zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz und dem Entgegenkommen des Bundes bei den Bildungsausgaben. Wird Sachsen am Freitag im Bundesrat zustimmen?

Man muss beides auseinander halten. Das eine ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Da geht es darum, dass wir Steuerausfälle bei den Ländern haben, die kompensiert werden müssen. Das andere sind die Ausgaben für Bildung. Da ist es in der Tat so, dass wir uns mit dem Bund noch konkret darüber unterhalten müssen, wie hoch der Finanzierungsanteil des Bundes ist. Ich plädiere nachdrücklich dafür, diese beiden Dinge nicht miteinander zu vermischen.

Und wenn dies beim Bildungsgipfel doch geschieht?

Das kann man immer erst im Lichte des Ergebnisses bewerten. Vom Bund gab es in den vergangenen Tagen positive Signale. Insofern gehen meine Erwartungshaltungen in diese Richtung. Alles andere wäre Spekulation.

Wird es Druck von Sachsen geben, dass beim Zehn-Prozent-Ziel nicht getrickst wird?

Darauf werden wir achten. Alles andere wäre auch nicht zielführend. Bund und Länder haben sich ein hohes Ziel gesetzt und stehen jetzt in der Verantwortung, dieses Ziel gemeinsam zu erreichen. Wir haben konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt, einige davon wurden bereits akzeptiert. Beispielsweise müssen wir in der Bildung früher anfangen als bislang, wir müssen bei der frühkindlichen Bildung ansetzen - etwa mit Sprachförderungsprogrammen, Sprachstandserhebungen und dergleichen. Es geht aber auch um die wichtige Frage der Lehrerausbildung. Hier hat der Bund signalisiert, dass er uns mit Kompetenzzentren für Lehrerbildung entgegenkommen will. Ich glaube, wenn man weiß, dass eine maßgebliche Variable für den Bildungserfolg eines Kindes der Lehrer ist, dann muss man auch in die Lehrer investieren. Da haben wir Nachholbedarf.

Mit Roland Wöller sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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