Kaum antisemitische Sprechchöre Anti-Israel-Demos verlaufen friedlich
25.07.2014, 19:49 Uhr
Je länger die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas andauern, desto schärfer werden die anti-israelischen Proteste auch im Ausland. Besonders anlässlich der Al-Kuds-Demonstration in Berlin befürchtet die Polizei das Schlimmste.
In zahlreichen deutschen Großstädten haben Demonstranten erneut gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen protestiert. Judenfeindliche Ausrufe, wie sie zuletzt bei Protesten laut geworden waren und auch diesmal befürchtet wurden, blieben bis zum frühen Abend aus. Polizei und Politik hatten zuvor die Veranstalter in mehreren Bundesländern aufgefordert, antisemitische Propaganda bei den Kundgebungen zu verhindern.
Bei der großen Al-Kuds-Demonstration in Berlin gingen rund 1200 Menschen gegen die Politik Israels auf die Straße. Die befürchteten antisemitischen Parolen waren zunächst weder zu hören noch auf Transparenten zu sehen. Es gab allerdings Sprechchöre mit den Worten "Kindermörder Israel". Auf Plakaten wurde gefordert: "Stoppt Völkermord". Die Polizei hatte vor der Demonstration Auflagen erteilt: Die Tötung, Verletzung oder Entführung von Menschen dürfe nicht verherrlicht, gutgeheißen oder dazu aufgerufen werden. Es durften keine Gegenstände verbrannt werden.
Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, verteidigte auf einer Gegenkundgebung in Berlin die Angriffe seines Landes auf den Gazastreifen. "Es ist unser Recht und unsere Pflicht, uns zu verteidigen gegen Provokationen."
"Es muss möglich sein, die israelische Politik zu kritisieren"
Bundesweit waren mehrere Anti-Israel-Demonstrationen angekündigt, darunter in Stuttgart, Hannover und Bonn. Zuletzt war es im Zuge des zugespitzten Gazakonflikts auf Kundgebungen zu antisemitischen Parolen gekommen. Viele der Demonstrationen gehen zurück auf den Al-Kuds-Tag, einen vom Iran ins Leben gerufenen alljährlichen Solidaritätstag mit den Palästinensern. 1979 hatte der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini dazu aufgerufen, Jerusalem (arabisch: Al-Kuds) von den Israelis zu befreien.
Zahlreiche Politiker und Organisationen riefen zu einem Ende judenfeindlicher Parolen auf. Auf der Titelseite der "Bild"-Zeitung sprachen sich Prominente aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport gegen Antisemitismus aus, unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und VW-Chef Martin Winterkorn. Mehrere islamische Verbände distanzierten sich ebenfalls. Das Recht auf freie Meinungsäußerung mittels friedlicher Demonstrationen dürfe nicht missbraucht werden, um Antisemitismus zu predigen, teilte die Kurdische Gemeinde Deutschland mit.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman A. Mazyek, sagte im Gespräch mit n-tv.de: "Wir sagen ganz klar: Kritik am brutalen Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen muss erlaubt sein. Aber antisemitische Parolen und Judenhass haben in unseren Reihen nichts verloren. So eine Trennschärfe fordern wir aber auch beim Blick auf Muslime und im öffentlichen Diskurs. Die Devise heißt: genauer hinschauen und auch hier nicht fälschlicherweise verallgemeinern."
Quelle: ntv.de, jve/dpa