Politik

Reform geht durch KabinettApotheken sollen Patienten breiter versorgen dürfen

17.12.2025, 18:47 Uhr
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Apotheken sind zur "ständigen Dienstbereitschaft" verpflichtet. Daraus ergeben sich feste Öffnungszeiten, was besonders auf dem Land oft ein Problem ist. (Foto: picture alliance/dpa)

Apotheken werden immer wichtiger - nicht nur beim Abholen von Medikamenten. Nun plant die Regierung, mehr Angebote für Patienten zu schaffen. Neben der Reform entstehen bereits Alternativen zur klassischen Apotheke. Hier die Änderungen und Neuregelungen.

Apotheken sollen eine noch größere Rolle in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung spielen. Künftig soll es mehr Leistungen für Patienten geben, von Impfungen über Vorsorge-Angebote bis zu mehr Medikamente auch ohne ärztliches Rezept. Das sehen Gesetzespläne von Gesundheitsministerin Nina Warken vor, die das Bundeskabinett auf den Weg Richtung Bundestag gebracht hat. Die CDU-Politikerin sagte, die in Apotheken vorhandene Kompetenzen sollten breiter genutzt werden, um ein möglichst niedrigschwelliges Versorgungsangebot zu machen.

Warken erläuterte, für viele Menschen seien Apotheken schon erste Anlaufstellen in Gesundheitsfragen. Bei den vorgesehenen neuen Aufgaben gehe es keinesfalls um komplexe Diagnosen oder einen Ersatz für ärztliche Begutachtungen. Zugleich soll die Reform dem Schwinden von Apotheken entgegen wirken, um auch zukünftig ein breites Versorgungsangebot in der Fläche zu haben. Apothekerverbände klagen seit Jahren über sinkende Rentabilität. Ein Überblick über die vorgesehenen Neuregelungen:

Vorsorge

Apotheken sollen neue Leistungen zur Vorbeugung und Früherkennung anbieten können, zum Beispiel für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und alles rund ums Rauchen.

Medikamente

Apotheken sollen in bestimmten Fällen verschreibungspflichtige Präparate ohne eine sonst nötige ärztliche Verordnung abgeben können. Gehen soll das zum einen, wenn Patienten ein bekanntes Langzeitmedikament einnehmen. Erlaubt werden soll unter bestimmten Voraussetzungen die einmalige Abgabe der kleinsten Packung, wenn das Fortführen der Therapie keinen Aufschub erlaubt.

Erlauben kann das Ministerium dies außerdem bei "akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen". Dazu soll es einen Katalog dieser Erkrankungen geben, ausgenommen sein sollen aber "systemisch wirkende Antibiotika" und Mittel mit hohem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Patienten müssten das Medikament dann auch selbst bezahlen.

Impfungen

Apothekerinnen und Apotheker sollen künftig alle Schutzimpfungen mit "Totimpfstoffen" verabreichen dürfen, beispielsweise gegen Tetanus oder Virusinfektionen, die Zecken übertragen (FSME). Aktuell dürfen sie bereits Erwachsene gegen Grippe und alle Menschen ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus impfen.

Erfahrungen in anderen Ländern zeigten etwa, "dass Impfungen in Apotheken zu deutlich höheren Impfquoten führen können", begründete Warken diesen Schritt.

Schnelltests

Wie bei Corona-Tests während der Pandemie sollen Patienten auf Selbstzahlerbasis Schnelltests zu bestimmten Erregern bekommen können, etwa auf Influenza-, Noro- oder Rotaviren. Das soll Infektionsketten schneller unterbrechen.

Austauschmöglichkeiten

Wenn beim Rezepteinlösen ein Medikament nicht vorhanden ist, soll es leichter werden, Alternativen zu bekommen. Apotheken sollen dann auch ein anderes, direkt bei ihnen vorrätiges Mittel abgeben dürfen. Bisher muss es beim Großhandel verfügbar sein. Vorgesehen ist dies zunächst als befristete Regelung.

Öffnungszeiten

Wann sie öffnen, soll in die Eigenverantwortung der Apotheken gestellt werden. So könnten sie vor allem in ländlichen Regionen Geschäftszeiten besser an den Bedarf anpassen, erläuterte das Ministerium. Geregelt werden soll das in einer noch geplanten Verordnung. Bisher sind Apotheken zur "ständigen Dienstbereitschaft" mit Befreiungen verpflichtet, aus denen sich feste Öffnungszeiten ergeben, zum Beispiel werktags von 8.00 bis 18.30 Uhr.

Versorgung auf dem Land

Weitere Maßnahmen des Reformgesetzes sehen vor, Apotheken von Bürokratie zu entlasten und ihre wirtschaftliche Situation zu stärken. Dies soll insbesondere die Apothekenversorgung im ländlichen Raum sicherstellen.

So soll in ländlichen Regionen ein neuer Zuschuss für Teilnotdienste eingeführt werden. Die Gründung von Zweigapotheken soll erleichtert werden. Im Rahmen eines Testlaufs soll zudem pharmazeutisch-technischen Assistenten erlaubt werden, selbst für maximal 20 Tage im Jahr die Apotheke zu leiten, sofern dies der Aufrechterhaltung des Betriebs in ländlichen Regionen dient.

Kein höheres Gehalt

Warken kann eine im Koalitionsvertrag von Union und SPD angekündigte Anhebung der Vergütungen vorerst nicht umsetzen, aufgrund erwarteter Mehrkosten von einer Milliarde Euro. Es geht darum, einen lange nicht erhöhten Fix-Bestandteil der Vergütung von 8,35 Euro pro Medikamentenpackung einmalig auf 9,50 Euro anzuheben. Daher wollten Apotheken mit bundesweiten Protesten Druck für höhere Vergütungen machen. Mit einer Aktion, bei der zeitweise das Licht aus- und nur eine Notbeleuchtung angeschaltet werden sollte.

Warken sagte, die politische Zusage dazu gelte, und eine Anhebung werde "im kommenden Jahr zügig wieder auf die Tagesordnung kommen". Dies sei daher auch bei generellen Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen "einzupreisen", die im kommenden Jahr vorgenommen werden sollten. Eine vom Ministerium eingesetzte Expertenkommission soll bis März 2026 erste Vorschläge zur Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge ab 2027 vorlegen.

Apotheken-Automat

Angesichts der schwierigen Lage vieler Apotheken, besonders im ländlichen Raum, gibt es neben den Bemühungen der Bundesregierung auch eigene Lösungen, etwa der moderne Apotheken-Automat. Ein solches Modell steht bereits im sächsischen Schwarzadler nahe Bautzen.

Der Automat, an dem E-Rezepte eingelöst werden können, steht in einem Supermarkt. Karte rein, Rezept auswählen und dann entscheiden, ob man das Medikament in einer Apotheke abholt oder per Lieferung, meist am nächsten Tag, nach Hause bekommen möchte. "Es ist einfach zu bedienen, geht schneller als sich in der Apotheke anzustellen und ich kann es zu der Zeit abholen, wann ich will", schwärmte eine Patientin gegenüber RTL, die den Automaten schon benutzte. Gerade ältere Menschen seien auf dem Land auf ihre Kinder angewiesen und hier könne man Einkauf und Rezepteinlösen auf einmal erledigen.

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Der Automat für E-Rezepte steht in einem Supermarkt im sächsischen Schwarzadler.

Selbst bei Abholung in der Apotheke würde man sich oft eine Fahrt sparen, denn nicht alle Medikamente seien vorrätig. So kann der Kunde dann gezielt am nächsten Tag sein Präparat abholen, erklärt Apothekerin Anita Knies, die das Terminal aufgestellt hatte im Gespräch mit RTL. "In den umliegenden Ortschaften gibt es keine Apotheke, man fährt bis zu zehn Kilometer. Ich möchte die Landbevölkerung, die ja auch immer älter wird, ausreichend mit Medikamenten versorgen."

Dabei möchte Knies sich klar vom Versandhandel abgrenzen, denn geliefert wird per Botendienst aus ihrer eigenen Apotheke und nur im Umkreis. Seit sieben Jahren betreibt sie ihre Apotheke. Es sei schwer, Personal zu finden und das Geschäft werde immer unwirtschaftlicher. "Die Medikamente werden immer teurer, die Staffelung, die Rabatte als kleine Landapotheke sind kaum zu erreichen. Auch die Bürokratie ist immens geworden", meinte Knies. So ist aus der Not die Idee für den Apotheken-Automaten entstanden. Ganz bewusst wird hier nur die Bestellung angenommen, denn Medikamente verkaufen darf die Apothekerin im Supermarkt nicht.

Quelle: ntv.de, mwa/AFP/dpa

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