Russland und China verspielen Ansehen Araber kritisieren das Veto
07.02.2012, 07:57 Uhr
Ausgebrannte Panzerfahrzeuge in Homs: Kräfte der Freien Syrischen Armee (FSA) kämpfen gegen die Truppen von Präsident Assad.
(Foto: REUTERS)
Mit ihrer Syrien-Strategie haben sich Moskau und Peking ins Abseits manövriert: Das Veto im UN-Sicherheitsrat wirkt im Nahen Osten wohl noch lange nach. Die Arabische Liga bereitet eine neue Beobachtermission vor. In Syrien wird unterdessen weiter gekämpft. In der Krisen-Diplomatie glühen die Drähte. Russland schickt seinen Außenminister nach Damaskus.
Russland und China haben mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat gegen eine nach Worten des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Bail Elaraby, an Ansehen verloren. Allerdings würden die arabischen Staaten weiterhin mit beiden Ländern zusammenarbeiten, "weil wir sie brauchen", kündigte Elaraby an. Die Ablehnung der Resolution sei die falsche Nachricht für die syrische Regierung gewesen. Nun habe sie den Eindruck, sie könne alles tun, ohne dass es zu Konsequenzen komme.
Zugleich kündigte Elaraby an, dass die Arabische Liga eine größere und besser ausgestattete Beobachtermission für Syrien in Erwägung ziehe. "Das Mandat müsse anders sein." Nach Wochen unaufhörlicher Gewalt hatte die Arabische Liga den Einsatz ihrer Beobachter Ende Januar unterbrochen. In der kommenden Woche werden die arabischen Außenminister über das weitere Vorgehen beraten. Wegen der massiven Gewalt haben die USA ihre Botschaft in Syrien geschlossen.
Das US-Verteidigungsministerium sieht Anzeichen für einen schwindenden Rückhalt für Syriens Staatschef Assad in der eigenen Armee. In letzter Zeit seien mehrere ranghohe syrische Offiziere zur Opposition übergelaufen, sagte Pentagon-Sprecher George Little. Dies sei "bemerkenswert". Einzelheiten nannte Little nicht. Auch zur Quellenlage und der Belastbarkeit der veröffentlichen Angaben schwieg er sich aus.

Kein Aufstand, sondern Krieg: Die Schäden an diesem Truppentransporter russischer Bauart deuten es an - mit leichten Handfeuerwaffen lässt sich ein solcher Panzer nicht so zerstören.
(Foto: REUTERS)
Das Weiße Haus warnte Russland und China, dass ihre Unterstützung für Assad sich nicht auszahlen werde. "Auf Assad zu setzen ist ein Rezept zum Scheitern", sagte Sprecher Jay Carney. Die Macht des syrischen Staatschefs sei "bestenfalls sehr begrenzt".
Lawrow eilt zu Assad
Das US-Finanzministerium entsandte eigenen Angaben zufolge seinen Sanktionsbeauftragten Daniel Glaser nach Moskau. Bei den Gesprächen in der russischen Hauptstadt soll es demnach unter anderem um die US-Strafmaßnahmen gegen Syrien und den Iran gehen. Weitere Stationen der Reise Glasers seien der Oman und Katar.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow eilt unterdessen zu einem Treffen mit Präsident Assad nach Damaskus. Zu Einzelheiten der Gespräche wollte sich Lawrow nicht äußern. Im Hinblick auf die weltweite Empörung, die das russische und chinesische Nein im Sicherheitsrat ausgelöst hatte, kritisierte er im Gegenzug, das mächtigste UN-Gremium habe überstürzt abgestimmt, und ihm keine Zeit gegeben, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Russland ist ein enger Partner und wichtiger Waffenlieferant Syriens.
Hilfloses Entsetzen
Der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich unterdessen vom heftigen Angriff auf die Stadt durch die syrische Armee erschüttert. Das Bombardement sei nicht zu akzeptieren und untergrabe die Legitimität der Regierung in Damaskus, sagte Ban Ki Moon. Er verurteile die Angriffe. Die Gewalt müsse sofort beendet werden.
Die jüngste Angriffswelle in Homs hatte der Opposition zufolge noch vor Anbruch der Morgendämmerung begonnen. Sie sei offenbar noch breiter angelegt als die Offensive am vergangenen Freitag, bei der mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Anwohner berichteten von Explosionen in mehreren Stadtvierteln. Mindestens 50 Menschen seien getötet worden, erklärte die Opposition. Die Arabische Liga kritisierte den Einsatz von schweren Waffen gegen Zivilisten und warnte vor einem Bürgerkrieg.
Die Berichte aus Syrien über den seit elf Monaten anhaltenden Aufstand können nicht überprüft werden, weil die Regierung internationalen Journalisten kaum Zugang gewährt.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts