Plädoyer gegen Frankfurter Attentäter Arid U. droht lebenslange Haft
09.01.2012, 11:32 Uhr
Zu Prozessbeginn gestand Arid U. die Tat.
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Der wegen eines Anschlags auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen angeklagte Arid U. muss womöglich lebenslang ins Gefängnis. Das fordert zumindest die Bundesanwaltschaft. Der 21-jährige Kosovare hatte die tödlichen Schüsse zu Prozessbeginn gestanden.
Der von islamistischer Propaganda aufgehetzte Todesschütze vom Frankfurter Flughafen soll wegen zweifachen Mordes und dreifachen Mordversuchs lebenslang ins Gefängnis. Die Bundesanwaltschaft sprach sich in ihrem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zudem dafür aus, bei dem 21 Jahre alten Arid U. wegen des Anschlags auf US-Soldaten die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit könnte er nicht nach 15 Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden.

Die tödlichen Schüsse in Frankfurt stellen den ersten islamistisch motivierten Anschlag auf deutschem Boden dar.
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U. habe mit vollem Vorsatz und heimtückisch gehandelt, sagte Bundesanwalt Jochen Weingarten in seinem Plädoyer. Er sei ein von Propaganda geblendeter Einzeltäter und habe am sogenannten Heiligen Krieg teilnehmen wollen. "Er wollte selber in den Dschihad ziehen, und er empfand Hass auf Soldaten." Dass ausgerechnet diese Soldaten Opfer wurden, das sei reiner Zufall gewesen - es hätte auch andere treffen können. U. habe Amerikaner töten wollen. Er habe sie zu Objekten degradiert und sich zum Herren über Leben und Tod gemacht. U. verfolgte das eineinhalbstündige Plädoyer der Bundesanwaltschaft regungslos mit gesenktem Kopf.
Ladehemmung hielt U. auf
Der im Kosovo geborene Frankfurter hatte schon zu Prozessbeginn gestanden, am 2. März 2011 zwei US-Soldaten mit Kopfschüssen getötet und zwei andere mit Schüssen schwer verletzt zu haben. Als er auf einen fünften Soldaten zielte, versagte seine Waffe. Nach Zeugenaussagen rief er zweimal "Allah ist groß".
Der blutige Anschlag auf dem Frankfurter Flughafen ist das erste islamistisch motivierte Attentat in Deutschland mit Toten und Verletzten. Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft wurde dadurch die Sicherheit in Deutschland erheblich beeinträchtigt.
Jede der Taten von U. trage mehrere Mordmerkmale und Züge von Grausamkeit, sagte Weingarten. Erst als alle Soldaten in einen Bus gestiegen waren und in der Falle saßen, habe er begonnen zu schießen. Er habe sämtliche 16 Soldaten töten wollen. "Er hätte dies getan, wenn es nicht zu einer Ladehemmung gekommen wäre", sagte Weingarten.
Bundesanwalt fordert volle Härte des Gesetzes
Motiv für den Anschlag war nach Ansicht der Bundesanwaltschaft, einen persönlichen Beitrag zum "Dschihad", zum "Heiligen Krieg" leisten zu wollen. Da er nicht nach Afghanistan reisen konnte, habe er sich seine Opfer in Deutschland ausgesucht. Auslöser sei ein Video gewesen, in dem eine gestellte Szene von einer vermeintlichen Vergewaltigung einer jungen muslimische Frau durch US-Soldaten gezeigt wird. U. hielt die Szene für echt.
Zugunsten des Angeklagten spreche nicht nur sein Geständnis, sondern auch seine überzeugend vorgetragene Reue, sagte Weingarten. Auch habe er dazu aufgerufen, es ihm nicht gleichzutun. Dennoch sei für ihn die höchstmögliche Bestrafung zu fordern.
Die Verteidigung wandte sich in ihrem Plädoyer gegen die Darstellung, dass U. ein islamistischer Terrorist sei. "Es handelt sich um einen jungen Menschen, der Amok gelaufen ist", sagte seine Anwältin Michaela Roth. Die Wirkung des Propagandavideos am Vorabend führte sie auch darauf zurück, dass ihr Mandant im Alter von sechs Jahren selbst Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden sei.
Arid U. ging nach den Worten seiner Anwältin von der "völlig fehlgeleiteten Vorstellung" aus, er könne mit seiner Tat verhindern, dass sich Soldaten an hilflosen Zivilisten vergingen. "Er bereut aus tiefstem Herzen", sagte Roth. Die Verteidigerin plädierte deshalb dafür, nicht die besondere Schwere der Schuld festzustellen.
Die Vertreter der Nebenkläger schlossen sich dagegen den Forderungen der Bundesanwaltschaft an. Vor Gericht schilderte zudem der Vater eines erschossenen US-Soldaten mit stockender Stimme das Leid seiner Familie. Der Vater des anderen toten Soldaten und ein Verletzter brachten in von ihren Anwälten verlesenen Erklärungen zum Ausdruck, wie sehr sie nach wie vor unter der Tat leiden.
Quelle: ntv.de, dpa