Politik

Bahrain: Polizei knüppelt Demo nieder Armee räumt Perlenplatz

In Bahrain zeigt die Armee massive Präsenz.

In Bahrain zeigt die Armee massive Präsenz.

(Foto: AP)

Die arabische Welt kommt nicht zur Ruhe. In Bahrain räumt zwar die Armee Plätze und Wohngebiete, doch die Polizei geht brutal gegen Demonstranten vor. Im Jemen wird ein Protestler bei Zusammenstößen getötet. In Algerien wird ein Oppositionspolitiker schwer verletzt. Auch in Saudi-Arabien, Oman und Dschubuti wird demonstriert.

Der bahrainische Kronprinz Scheich Salman bin Hamad al-Chalifa hat die Streitkräfte aus den Straßen und Wohngebieten des Landes zurückbeordert. Der Befehl trete mit "sofortiger Wirkung" in Kraft, hieß es in einer Erklärung der Regierung. Anstelle des Militärs solle nun wieder die Polizei für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen. Kronprinz Al-Chalifa ist zugleich stellvertretender Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Unmittelbar nach dem Abzug der Soldaten versuchten Demonstranten, den Lulu-Platz (Perlenplatz) in der Hauptstadt Manama wieder in Besitz zu nehmen. Sie wurden nach Augenzeugenberichten jedoch von der Polizei mit Schlagstöcken sowie Tränengas- und Rauchgranaten angegriffen. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Das Militär hatte den Perlenplatz besetzt, weil von ihm Proteste gegen die Regierung ausgegangen waren. Der Abzug der Soldaten und Panzer aus den Straßen und Wohngebieten war eine der Forderungen der Opposition, an die sie die Aufnahme eines Dialogs mit der Regierung geknüpft hatte. König Hamad bin Issa al-Chalifa hatte der Opposition zuvor Gespräche angeboten.

Lage bleibt angespannt

Amateurvideos zeigen verletzten Demonstranten, nachdem Soldaten am Freitag das Feuer auf die Menge eröffnet hatten.

Amateurvideos zeigen verletzten Demonstranten, nachdem Soldaten am Freitag das Feuer auf die Menge eröffnet hatten.

(Foto: Reuters)

Zwei Tage nach der blutigen Niederschlagung der Proteste blieb die Lage allerdings angespannt. Am Freitag waren vier getötete Demonstranten begraben worden, Tausende hatten erneut gegen die politische Führung des Königreichs demonstriert. Sicherheitskräfte eröffneten dabei das Feuer auf die Demonstranten. Dutzende Menschen wurden verletzt. An anderen Stellen des Landes kam es ebenfalls zu Protesten.

Die Demonstrationen werden vor allem von unzufriedenen Schiiten getragen. Rund zwei Drittel der Bahrainer sind Schiiten; das Königshaus und die Regierung sind hingegen sunnitisch. Die schiitische Mehrheit bemängelt vor allem Diskriminierungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie bei den Sozialdiensten. Der kleine Inselstaat im Golf mit einer Million Einwohner ist darüber hinaus ein strategisch wichtiger Partner der USA. Manama ist der Hafen der 5. US-Flotte, die vor allem im Persischen Golf und im Indischen Ozean eingesetzt wird.

US-Präsident Barack Obama forderte die Regierung Bahrains zu Zurückhaltung auf. In einem Telefonat mit dem König verurteilte er die Gewalt gegen Demonstranten. Die Stabilität des Landes hänge von der Achtung der Bürgerrechte ab. Auch EU-Außenministerin Catherine Ashton rief zu einem umgehenden Dialog auf. In einer Erklärung hieß es, Ashton sei angesichts der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Bahrain "zutiefst besorgt". Ashton rief die Führung des Landes zugleich auf, "die Menschenrechte einschließlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu achten".

Demonstrant in Sanaa erschossen

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa versammeln sich die Demonstranten den neunten Tag in Folge.

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa versammeln sich die Demonstranten den neunten Tag in Folge.

(Foto: AP)

Im Jemen hielten unterdessen die Proteste gegen den Präsidenten Ali Abdullah Saleh den neunten Tag in Folge an. Rund 500 Menschen versammelten sich vor der Universität Sanaa in der Hauptstadt und forderten in Sprechchören den Rücktritt Salehs. In der Nähe formierte sich eine Gegendemonstration von rund hundert Anhängern des Präsidenten. Bei Zusammenstößen beider Gruppen wurde ein Demonstrant erschossen. Der junge Mann gehörte der Studentenbewegung an, die eine der treibenden Kräfte hinter den Protesten gegen Saleh ist. Mindestens fünf Studenten wurden verletzt, als Saleh-Getreue den Campus der Universität Sanaa stürmen wollten.

Auch bei einer Demonstration von Regierungsgegnern in Algier gab es Verletzte. Etwa 400 Menschen hätten sich trotz der massiven Polizeipräsenz auf dem Platz des 1. Mai in der Innenstadt versammelt, um gegen die Regierung und soziale Missstände im Land zu protestieren, berichtete elwatan.fr. Die Polizei setze Schlagstöcke ein, um die Menschen zu vertreiben, heißt es auf der regierungskritischen, als seriös geltenden Website. Schwer verletzt wurde ein Abgeordneter. Ein Polizist habe Tahar Besbes von der Oppositionspartei RCD in den Bauch geschlagen, der Politiker sei daraufhin mit dem Kopf auf den Bürgersteig geschlagen, sagte RCD-Sprecher Mohsen Belabbas in der Hauptstadt Algiers. Ein behandelnder Arzt im Krankenhaus sagte, Besbes habe offenbar ein Hirntrauma erlitten.

In Algerien sind Proteste der Opposition grundsätzlich verboten. Die Regierung hatte bereits angekündigt, zum Monatsende den seit 19 Jahren geltenden Ausnahmezustands aufzuheben. Dieser sollte den Kampf gegen den Terrorismus erleichtern und ermöglichte der Regierung erhebliche Eingriffe in politische Rechte, insbesondere in die Versammlungsfreiheit. Der Opposition geht das nicht weit genug. Sie fordert einen "Wandel des Systems".

Schiiten protestieren in Saudi-Arabien

Unterdessen erreicht die Protestwelle auch Saudi-Arabien. Angehörige der schiitischen Minderheit gingen eigenen Angaben zufolge im ölreichen Osten des Königreichs auf die Straße, um gegen die Inhaftierung von Glaubensbrüdern ohne Prozess zu demonstrieren. Um die Behörden nicht zu provozieren, hätten die Demonstranten bei ihrer Aktion keine Parolen gerufen und auch auf Spruchbänder verzichtet. Die Proteste in der an Bahrain grenzenden Region fanden am Donnerstag statt, wurden aber erst heute bekannt.

In Saudi-Arabien ist eine besonders strenge Auslegung des wahhabischen Islam vorherrschend. Die Schiiten räumen ein, dass sich ihre Lage unter König Abdullah verbessert hat. Sie beklagen allerdings. dass ihnen der Zugang zu höheren Stellen im Staatsdienst verwehrt ist, was die Regierung bestreitet. Proteste gegen die Regierungen wurden am Wochenende auch aus Oman und Djibouti am Horn von Afrika bekannt. In Djibouti unterhalten die USA ihren einzigen Militärstützpunkt in Afrika.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts/AFP

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