Junta bleibt unberechenbar Asiaten dürfen helfen
19.05.2008, 17:13 UhrZwei Wochen nach dem verheerenden Zyklon "Nargis" haben das chinesische Vorbild und der internationale Druck das Militärregime von Birma zum Einlenken gebracht: Erstmals sieht es danach aus, als dürften internationale Helfer in das abgeschottete Land reisen.
Für westliche Helfer bleibt zwar alles beim Alten, doch sollen asiatische Ärzte und Experten ins Katastrophengebiet reisen dürfen. Das kündigte der birmanische Außenminister Nyan Win bei einem Krisentreffen der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN in Singapur an.
Ban reist nach Birma
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wird an diesen Mittwoch überraschend selbst in das bitterarme Land reisen, um eine Öffnung für eine massive Hilfsaktion zu erreichen. ASEAN schlug eine Geberkonferenz für kommenden Sonntag in der ehemaligen Hauptstadt Rangun vor, die bei dem Wirbelsturm schwer beschädigt wurde.
Eine Zusage für ein Gespräch mit Juntachef Than Shwe gibt es nicht. "Wir wissen (noch) nicht, wen er treffen wird", sagte Amanda Pitt, Sprecherin des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten. Zwei Briefe von Ban und Anrufe hat Than Shwe nicht beantwortet.
Junta ordnet Staatstrauer an
Wie China ordneten die birmanischen Militärmachthaber eine dreitägige Staatstrauer an. Die Flaggen im Land sollen von diesem Dienstag an auf halbmast gesetzt werden. Mittlerweile geht das Regime von mehr als 130.000 Toten und Vermissten aus. Den finanziellen Schaden beziffert die Junta auf weit über 6,4 Milliarden Euro. Die UN schätzen, dass 2,4 Millionen Überlebende hilfebedürftig sind.
"Birma hat die sofortige Entsendung von Ärzteteams aus allen ASEAN-Ländern akzeptiert", teilte Singapurs Außenminister George Yeo im Namen der ASEAN-Außenminister nach dem Treffen mit. Alles andere blieb vage. "Die Außenminister haben sich darauf geeinigt, einen Koordinierungsmechanismus einzurichten", sagte Yeo. Birma richte eine Koordinierungseinrichtung ein, ASEAN eine Arbeitsgruppe.
Einzelheiten noch unklar
Wann die Bürokratie steht, um die dringend benötigte Hilfe durchzulassen, ist noch unklar. Vor der Küste Birmas kreuzen amerikanische, französische und britische Schiffe mit tausenden Tonnen Hilfsgütern und Ärzteteams. Sie könnten die Hilfebedürftigen innerhalb einer halben Stunde mit dem Hubschrauber erreichen. Ob und wann die Junta auch ihre Hilfe akzeptiert, ist ebenfalls unklar.
Das Katastrophengebiet von der Größe Österreichs ist bisher für ausländische Helfer gesperrt. Hunderttausende Menschen leben dort nach Angaben von Hilfsorganisationen noch unter freiem Himmel und ohne ausreichend Nahrung und medizinische Versorgung. Zehntausende Kinder, die schon vor dem Sturm unterernährt waren, drohen zu verhungern. Die Regierung hat in einigen Regionen Zelte aufgebaut und verteilt Reis.
Obersoldat erstmals im Katastrophengebiet
Juntachef Than Shwe ließ sich dort am Sonntag erstmals sehen. Er wurde im staatlichen Fernsehen mit einigen Dutzend Überlebenden in frischen weißen Hemden gezeigt, die vor ihren Zelten Aufstellung genommen hatten. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao hatte sich schon wenige Stunden nach dem schweren Erdbeben auf den Weg ins Katastrophengebiet gemacht.
Am Montag durfte der bislang ranghöchste UN-Diplomat in Rangun, Nothilfekoordinator John Holmes, das Katastrophengebiet mit dem Hubschrauber überfliegen. Nach Angaben der Vereinten Nationen in Bangkok wartete er in Rangun anschließend auf Termine bei Regierungsmitgliedern.
Rotes Kreuz weitet Hilfe aus
Das Rote Kreuz kündigte eine massive Ausweitung seiner Hilfsflüge nach Birma an. Mit seinen mehr als 10.000 freiwilligen Mitarbeitern in Birma ist es eine der wenigen Hilfsorganisationen, die Güter selbst ungehindert im Katastrophengebiet verteilen kann. Die Föderation der Rotkreuzgesellschaften charterte fünf Maschinen, die diese Woche jeweils 40 Tonnen Hilfsgüter nach Rangun fliegen sollen, sagte Logistikchef Igor Dmitryuk in Kuala Lumpur.
Der französische Außenminister Bernard Kouchner kritisierte die für diesen Sonntag geplante Geberkonferenz scharf, sagte aber die Beteiligung Frankreichs zu. "Notwendig ist Hilfe von Hand zu Hand und von Herz zu Herz, keine Geberkonferenz mit katzbuckelnden Spendern", sagte Kouchner, der Gründer der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen", dem Radiosender Europe1.
Quelle: ntv.de