UN beobachten das Massaker Assad macht Chemiewaffen scharf
14.07.2012, 17:36 Uhr
Setzt Assad auf Massenvernichtungswaffen?
(Foto: REUTERS)
Vielleicht hunderte Menschen sterben in Treimsa und die internationalen Beobachter können nicht eingreifen. UN-Kräfte inspizieren nun den Ort, während die Armee eine weitere Stadt aus Hubschraubern beschießt. Und es kommt noch schlimmer: Assad soll Massenvernichtungswaffen zu den Protesthochburgen transportieren lassen.
Die in Syrien stationierten UN-Beobachter haben den Ort des jüngsten Massakers besucht. Die Kontrolleure seien in der Kleinstadt Treimsa in der Provinz Hama gewesen, wo Aktivisten zufolge am Donnerstag mindestens 150 Menschen durch die Armee und verbündete Milizen getötet wurden, teilte eine Sprecherin der Mission mit. Aktivisten berichten, die Beobachter hätten die "bombardierten Gebäude und die blutbefleckten Orte" angeschaut.
Auf Bildern und in Videos im Internet waren UN-Fahrzeuge nahe Treimsa zu sehen, die von Menschen umringt wurden. Diese zeigten den Beobachtern blutgetränkte Kleidung und Überreste von Granaten. "Das sind russische Waffen", rief ein wütender Mann. Russland ist der wichtigste Verbündete und Waffenlieferant von Machthaber Baschar al-Assad. Die Veto-Macht blockiert im UN-Sicherheitsrat Resolutionen, die ein schärferes Vorgehen gegen Damaskus ermöglichen würden.
Nach Angaben von Robert Mood hatten die Beobachter bereits die Gefechte um Treimsa aus einer Entfernung von fünf bis sechs Kilometern verfolgt. Der Leiter der UN-Beobachtermission verwies darauf, dass die Mission wegen der Gefahr für die Mitarbeiter zwar seit dem 15. Juni ausgesetzt sei. Allerdings seien rund 300 Beobachter weiterhin in den Regionen präsent und würden von dort aus die Ereignisse verfolgen.
Es könnte das schlimmste Massaker gewesen sein
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte waren in Treimsa am Donnerstag mindestens 150 Menschen getötet worden, andere Quellen sprechen von bis zu 250 Opfern. Wenn die Angaben der syrischen Regimegegner stimmen, ist das Massaker von Tremseh das schlimmste seit Beginn des Aufstandes gegen das Assad-Regime im März 2011.
Berichten zufolge handelte es sich bei den meisten Opfern um Aufständische, die zuvor einen Armeekonvoi angegriffen hatten. Aktivisten sprachen von dutzenden Rebellen, die in der mehrheitlich sunnitischen Kleinstadt standrechtlich erschossen worden seien. Zahlreiche Zivilisten seien zudem beim Versuch, über die Felder zu entkommen, getötet worden. Neben der Armee sollen auch Milizen aus nahegelegenen alawitischen Dörfern beteiligt gewesen sein.
Geheimdienst berichtet von Massenvernichtungswaffen
Der britische Sender Sky News berichtete unter Berufung auf britische Geheimdienstmitarbeiter, syrische Streitkräfte hätten Chemiewaffen nach Homs transportiert, das zu weiten Teilen von Rebellen kontrolliert wird. Nach früheren Angaben des "Wall Street Journal" wurde in Syrien damit begonnen, Chemiewaffen aus den Lagern zu holen. Damaskus besitze größere Mengen des Nervenkampfstoffes Sarin und Senfgas.
Unklar sei, ob die Waffen vor Aufständischen in Sicherheit gebracht oder einsatzbereit gemacht würden, womöglich auch nur als Drohgebärde, zitierte das Blatt US-Regierungsvertreter.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon fordert die Staatengemeinschaft eindringlich zum Handeln auf. Sollte der UN-Sicherheitsrat den Druck auf die Führung in Damaskus nicht erhöhen, wäre dies eine "Lizenz für weitere Massaker", warnte Ban. Der UN-Sicherheitsrat müsse eine "starke Botschaft" aussenden, dass Verstöße gegen den Friedensplan des internationalen Sondergesandten Kofi Annan "ernsthafte Konsequenzen" hätten, sagte Ban. Mit Blick auf das Massaker in Treimsa sprach Ban von "entsetzlichen Massentötungen".
Frankreichs Staatschef François Hollande sagte, er habe seinen russischen Kollegen Wladimir Putin gewarnt, dass Russland mit der Blockade im UN-Sicherheitsrat eine politische Lösung erschwere und damit einen "Bürgerkrieg in Syrien" riskiere. Zuvor hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle sein Bestürzen und Entsetzen über das Massaker geäußert. Zahlreiche weitere Staatsführer verurteilten die Taten.
Armee setzt Kampfhubschrauber ein
Unterdessen stürmte die Armee die Ortschaft Cherbet Ghasale in der südlichen Provinz Daraa. Wie ein Aktivist sagte, wurde die Ortschaft zunächst aus Helikoptern beschossen, bevor hunderte Soldaten und Milizionäre unterstützt von Panzern in die Siedlung eindrangen. Sie seien auf keinen Widerstand gestoßen, da die Kämpfer der aufständischen Freien Syrischen Armee die Stadt bereits verlassen hatten.
UN-Generalsekretär Ban verurteilte "in schärfster Form den rücksichtslosen Einsatz schwerer Waffen und den Beschuss bewohnter Gebiete, darunter auch durch Kampfhubschrauber". Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sieht in dem Einsatz schwerer Waffen und von Helikoptern einen "eklatanten Verstoß" des Regimes gegen die Vereinbarungen des Friedensplans von Sondervermittler Kofi Annan. US-Außenministerin Hillary Clinton warf dem syrischen Regime vor, absichtlich Zivilisten zu ermorden. Dafür gebe es "unbestreitbare Beweise", erklärte Clinton. Auch sie forderte die Weltgemeinschaft zum Handeln auf.
Quelle: ntv.de, che/AFP/dpa