Syrische Armee brennt Häuser nieder Assad will sich äußern
19.06.2011, 21:21 Uhr
Assad hat bislang keines seiner Versprechen gehalten.
(Foto: REUTERS)
Die syrische Armee geht mit aller Gewalt gegen Regimegegner vor. Soldaten verbrennen Häuser und nehmen Menschen fest - die Lage der Flüchtlinge wird immer schlechter. Inmitten dieser Lage will sich Präsident Assad in einer Rede ans Volk wenden. Die syrischen Oppositionsgruppen bilden für ihren Kampf gegen Assad derweil einen "Nationalrat".
Der syrische Präsident Baschar al-Assad will sich am Montag in einer Rede über die Lage in seinem Land äußern. Wie die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, soll die Ansprache gegen 11.00 Uhr stattfinden. Zu den genauen Inhalten machte die Agentur keine Angaben. Es ist das dritte Mail seit dem Beginn der Oppositionsproteste am 15. März in Syrien, dass sich der Staatschef in einer öffentlichen Rede äußert.
Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bislang bei der Niederschlagung der Proteste durch die Sicherheitskräfte mehr als 1300 Zivilisten und mehr als 340 Sicherheitskräfte ums Leben. Mehr als 10.000 Syrer flohen bisher vor der Gewalt ins Nachbarland Türkei. Die türkische Regierung stellte bisher umgerechnet rund 1,6 Millionen Euro bereit, um die Menschen in vier Zeltstädten zu versorgen.
Opposition bildet "Nationalrat"
Um ihrem Kampf gegen Assad mehr Kraft zu geben haben Oppositionelle einen "Nationalrat" gebildet. Das teilte eine Oppositionsgruppe bei einer Pressekonferenz an der syrisch-türkischen Grenze über ihren Sprecher Dschamil Saib mit. Der Rat, der "alle Gemeinden und Vertreter nationaler politischer Kräfte innerhalb und außerhalb Syriens" umfasse, solle die "syrische Revolution" führen.
Saib sagte, dem "Nationalrat" gehöre unter anderem Abdallah Trad al Mulahim an, der das Treffen syrischer Oppositioneller Anfang Juni im türkischen Antalya organisiert hatte. Weitere Mitglieder sind demnach Mamun al Homsi und Scheich Chaled al Chalaf sowie drei in Syrien lebende Oppositionelle: Haitham al Maleh, Suhair al Atassi und Aref Dalila. Die Pressekonferenz fand im Dorf Charbet al Dschos im äußersten Norden Syriens statt
Angst zu helfen
Syrische Sicherheitskräfte haben am Wochenende nach Angaben von Augenzeugen eine Stadt an der Grenze zur Türkei gestürmt, deren Bewohner Flüchtlinge mit Lebensmitteln versorgt haben. Die Soldaten hätten in der Stadt Bdama Häuser niedergebrannt und Dutzende Menschen festgenommen. Zugleich löste der Aufstand in Syrien inzwischen auch Unruhen im benachbarten Libanon aus: Dort lieferten sich im Norden des Landes Gegner und Anhänger von Syriens Präsidenten Assad Feuergefechte, bei denen bis zu sieben Menschen starben.
Bdama liegt im Nordwesten etwa zwei Kilometer von der Grenze zur Türkei entfernt. Tausende Flüchtlinge haben ihr Lager auf der syrischen Seite der Grenze aufgeschlagen. Sie versorgten sich bislang aus der nächstgelegenen Stadt. "Die Bewohner von Bdama trauen sich nicht, den Flüchtlingen Brot zu bringen. Gleichzeitig haben die Flüchtlinge Angst, verhaftet zu werden, wenn sie auf der Suche nach Essen nach Bdama gehen", erklärte ein Mitarbeiter einer Menschenrechtsgruppe.
Ein weiterer Zeuge berichtete, die Soldaten hätten Felder mit Ernte verbrannt. Auch Flüchtlinge in der Türkei berichteten, die Sicherheitstruppen betrieben eine Politik der verbrannten Erde durch die Zerstörung der Lebensgrundlagen. Sie warfen den Sicherheitskräften zudem Folter vor, die sie am eigenen Leib erfahren hätten.
USA prüfen Anklage
Der Chef des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Jakob Kellenberger, will nach Damaskus reisen, um mit der Regierung über die Ausweitung von humanitärer Hilfe zu verhandeln. Die Organisation hatte bereits vor einer Woche besseren Zugang zur Zivilbevölkerung gefordert - und zwar auch zu Menschen, die bei den Repressalien verletzt oder verhaftet wurden.

Proteste flauen nicht ab: Diese Aufnahme soll Demonstranten in der ostsyrischen Stadt Deir al-Zour, in der Nähe der irakischen Grenze, am 17. Juni zeigen.
(Foto: REUTERS)
Angesichts der Gewalt in Syrien loten die USA Möglichkeiten aus, die Regierung wegen Kriegsverbrechen zu verfolgen, wie ein ranghoher US-Regierungsvertreter sagte. Ein weiterer Vertreter sagte, die US-Regierung suche außerdem nach Wegen, durch Wirtschaftssanktionen den Druck auf Damaskus zu erhöhen. US-Außenministerin Hillary Clinton schrieb in einem Beitrag für die Zeitung "Aschark El Awsat", die Niederschlagung der Demonstrationen werde die Protestbewegung nicht aufhalten.
EU-Minister beraten
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Syrien brauche "endlich glaubwürdige Reformen". Mit den gegen Syriens Präsidenten Assad erlassenen Sanktionen sei ein unmissverständliches Signal gesandt worden. Der scheidende Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa, sagte am Samstag in Kairo, die arabische Welt und die Region sei besorgt über die Ereignisse in Syrien. Wegen der Krise gebe es "zahlreiche Kontakte" zwischen den regionalen Führern.
Die EU-Außenminister wollen angesichts der massiven Gewalt den Druck auf Syrien erhöhen. Bei einem Treffen der Außenamtschefs am Montag in Luxemburg soll die Regierung in Damaskus zu einem Ende der Gewalt gegen die Opposition sowie zu einer Öffnung des Landes für ausländische Beobachter aufgefordert werden. Die Rede ist von einem "klaren Forderungskatalog". Thema sind außerdem die Lage in Libyen, die politischen Unruhen im Jemen sowie der Nahost-Konflikt. EU-Diplomaten zufolge sollen außerdem weitere Sanktionen gegen Weißrussland beschlossen werden. Am zweiten Tag des Treffens am Dienstag wird der Ende der Woche in Brüssel stattfindende EU-Gipfel vorbereitet.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts