Politik

Militär stürmt Rebellenhochburg Assads Bruder gibt den Befehl

Soldaten und gepanzerte Fahrzeuge im Dorf Istabraq in der Nähe der eingekesselten Stadt Dschisr al-Schogur.

Soldaten und gepanzerte Fahrzeuge im Dorf Istabraq in der Nähe der eingekesselten Stadt Dschisr al-Schogur.

(Foto: AP)

Das Assad-Regime in Syrien lenkt nicht ein, im Gegenteil. Ungeachtet des Protests der Weltöffentlichkeit gehen die Truppen mit aller Brutalität gegen Zivilisten vor, töten Herden und brennen Felder nieder. Im UN-Sicherheitsrat verweigern sich China und Russland einer Resolution.

Syrische Sicherheitskräfte haben die Stadt Dschisr al-Schogur gestürmt, die ein Brennpunkt der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad ist. Von Assads Bruder Maher befehligte Truppen seien in der Nacht mit Panzern in die seit einigen Tagen eingekesselte Stadt vorgerückt und hätten in den Straßen Maschinengewehrsalven abgefeuert, sagten Einwohner. Zuvor sei die Stadt wahllos von Panzern beschossen worden. Flüchtlinge berichteten von getöteten Zivilisten. Zudem hätten Soldaten umliegende Felder zerstört sowie Kühe und Schafe getötet. Die meisten der 50.000 Einwohner waren bereits in den vergangenen Tagen aus Furcht vor den heranrückenden Truppen geflohen. Ähnlich waren die Sicherheitskräfte auch in anderen Protesthochburgen vorgegangen.

Kinder in Istabraq lesen die Patronen auf.

Kinder in Istabraq lesen die Patronen auf.

(Foto: AP)

Das Militär hatte in der nordwestlichen Region eine Offensive gestartet, nachdem in der vergangenen Woche in Dschisr al-Schogur 120 Soldaten getötet worden waren. Einwohnern zufolge war es zu einer Meuterei unter den Truppen gekommen, weil einige Soldaten nicht auf demonstrierende Regierungsgegner schießen wollten. Die Führung in Damaskus machte dagegen bewaffnete Banden für den Tod der Soldaten verantwortlich und entsandte neue Truppen.

Augenzeugen zufolge flohen inzwischen mehr als 4000 Syrer über die nahe gelegene Grenze in die Türkei. Rund zehntausend weitere Flüchtlinge hätten Zeltlager im Grenzgebiet auf syrischer Seite aufgeschlagen. Bei dem seit drei Monaten anhaltenden Volksaufstand in Syrien sind Menschenrechtsgruppen zufolge bereits 1100 Zivilisten getötet worden. Der Opposition zufolge starben allein am Freitag 36 Demonstranten.

EU will Sicherheitsratsbeschluss

Die EU strebt zusammen mit internationalen Partnern einen Sicherheitsrats-Beschluss gegen die Unterdrückung in Syrien an. In dem Nahost-Land müsse auf die legitimen Forderungen der Menschen eingegangen werden, teilte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel mit. Sie drängte die Regierung in Damaskus zum Beginn eines "nationalen Dialogs". Dies sei "der einzige Weg, den friedlichen Wandel in Syrien zu erreichen, den das syrische Volk verlangt".

Die Europäer hatten schon beim G8-Gipfel vor gut zwei Wochen in Deauville versucht, die Möglichkeit von Maßnahmen des Sicherheitsrates in der Schlusserklärung zu verankern - sie scheiterten mit diesem Vorhaben aber an Russland.

Russland und China mauern

Für den UN-Generalsekretär Ban hatte Präsident Assad keine Zeit.

Für den UN-Generalsekretär Ban hatte Präsident Assad keine Zeit.

(Foto: dpa)

An der Haltung Russlands und Chinas prallten derweil im Weltsicherheitsrat die Bemühungen von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal für eine Syrien-Resolution ab: Beide Länder blieben einem Treffen zur Abstimmung über einen Resolutionsentwurf demonstrativ fern.

In dem Entwurf wird das Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten verurteilt und ein sofortiges Ende der Gewalt gefordert. Dabei ist auch die Rede von mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nach Einschätzung von Diplomaten dürfte der Entwurf nächste Woche zur Abstimmung gebracht werden. China und Russland könnte die Resolution mit einem Veto verhindern.

USA fordern Zugang für Rotes Kreuz

Verwundete syrische Flüchtlinge werden i der Türkei medizinisch versorgt.

Verwundete syrische Flüchtlinge werden i der Türkei medizinisch versorgt.

(Foto: REUTERS)

Auch die USA haben erneut das brutale Vorgehen gegen Regimegegner angeprangert. Zugleich forderten sie Präsident Assad auf, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) "sofortigen und ungehinderten Zugang" zu Kampfgebieten in Nordsyrien zu gewähren, um Verletzten, Gefangenen und Flüchtlingen helfen zu können.

Das Vorgehen der syrischen Regierung habe eine humanitäre Krise verursacht, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. Die Gewalt müsse eingestellt werden. Es gebe keine Entschuldigung für eine Verweigerung humanitärer Hilfe für die Opfer durch eine neutrale Einrichtung wie das IKRK. "Wenn die syrischen Führer diesen Zugang nicht gewähren, werden sie dadurch einmal mehr ihre Verachtung für die Würde des syrischen Volkes zeigen", hieß es abschließend in der Erklärung.

Assad ging auf Konfrontationskurs mit der internationalen Gemeinschaft - er ließ sogar den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon abblitzen, als dieser mit ihm telefonieren wollte. Nach Angaben einer UN-Sprecherin wurde dem Chefdiplomaten der Weltorganisation mitgeteilt, Assad sei "für ihn nicht verfügbar". Ban hatte Assad zum Halt der brutalen Militäreinsätze auffordern wollen, hieß von Seiten der Vereinten Nationen.

Der UN-Chef kritisierte den Einsatz militärischer Gewalt gegen Zivilisten als "nicht akzeptierbar". Er sei tief besorgt über das Vorgehen und erwarte wirkliche Reformen von dem Assad-Regime.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

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