Deutschland will Kontrolleure einsetzen Athen soll Souveränität abgeben
28.01.2012, 07:34 Uhr
Die weiteren Aussichten: trübe.
(Foto: REUTERS)
In den Verhandlungen über ein zweites Hilfspaket für Griechenland drängt Deutschland offenbar darauf, dass die Regierung in Athen die Kontrolle über die Haushaltspolitik an europäische Institutionen abgibt. Seit Wochen verhandelt Griechenland mit seinen privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt.
Die Bundesregierung will einem Zeitungsbericht zufolge durchsetzen, dass die EU die Kontrolle über die griechische Finanzpolitik übernimmt. Wie die "Financial Times" berichtete, sollen die Finanzminister der Euro-Länder vor Zahlungen aus dem geplanten zweiten Hilfspaket einen Beauftragten ernennen, der ein Veto gegen finanzielle Entscheidungen der Regierung in Athen einlegen kann.
"Die Haushaltskonsolidierung muss unter ein strenges Steuerungs- und Kontrollsystem gestellt werden", heißt es dem Bericht zufolge in dem Vorschlag.
Weil Griechenland seine Zusagen bislang nicht zufriedenstellend eingehalten habe, müsse es akzeptieren, "für einen gewissen Zeitraum" die Souveränität über seinen Haushalt abzugeben, zitierte die Zeitung aus dem deutschen Antrag, der demnach am Freitag Vertretern anderer Euro-Länder übergeben wurde.
Hintergrund der Debatte ist die wiederholte Unfähigkeit Griechenlands, sich an die mit den internationalen Gläubigern vereinbarten Sparvorgaben zu halten. Unter den Geldgebern machen sich deshalb Unverständnis und Ungeduld breit. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert eine Quelle mit den Worten, diskutiert würden rechtlich verbindliche Vorgaben, um dem Defizitabbau eine "klare Priorität" zu geben. Ein Problem sei etwa, dass der Haushalts-Prozess in Griechenland nicht zentral gesteuert werde. Klare Vorgaben für die Griechen könnten zu einer größeren Kohärenz führen, Entscheidungsprozesse erleichtern sowie beschleunigen und so dazu beitragen, die Programme zu dynamisieren.
Papademos rechnet mit Einigung
Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds muss der Regierung in Athen bescheinigen, dass die geforderten Reformen auf Kurs sind. Erst dann können neue, dringend benötigte Hilfsgelder fließen. Wesentliche Voraussetzung dafür ist allerdings auch eine Einigung über einen Schuldenschnitt.
In den Verhandlungen erzielten Regierung und Gläubiger am Freitag weitere Fortschritte. Sie sollen an diesem Samstag fortgesetzt werden. Griechenlands Ministerpräsident Lukas Papademos sagte, er rechne binnen Tagen mit einer Einigung über einen Schuldenschnitt. Das zweite Hilfspaket umfasst nach derzeitigem Stand 130 Milliarden Euro.
Juncker fordert Beteiligung der EU-Staaten
Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hält einen größeren Beitrag der Euro-Länder bei einer Umschuldung für notwendig. "Wenn die griechische Schuldentragfähigkeit unter Beweis gestellt wird und es ein Gesamtverständnis mit dem privaten Sektor gibt, wird sich auch der öffentliche Sektor fragen müssen, ob er nicht die Hilfestellung leistet", sagte Luxemburgs Regierungschef der österreichischen Zeitung "Der Standard". Ob sich die Europäische Zentralbank beteilige, sei aber allein Sache der unabhängigen Notenbank.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa