Unionsfraktion plädiert für Vertrag Atom-Steuer wackelt
20.08.2010, 12:51 UhrDie Union rückt offenbar von der Brennelementesteuer ab. Fraktionschef Kauder fordert, stattdessen einen Vertrag mit den Atomkonzernen zu schließen. Kanzlerin Merkel hatte sich für eine solche Option offen gezeigt. Unterdessen streiten Umweltminister Röttgen und Finanzminister Schäuble über die Verwendung der Mehreinnahmen.

Die Atomsteuer wackelt, aber wird sie auch versenkt?
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In der Diskussion um eine Sonderbelastung für die Atomkonzerne bahnt sich eine Abkehr vom Steuermodell an. Die Unionsfraktion favorisiert einen Vertrag, mit dem die zusätzlichen Gewinne durch die Laufzeitverlängerung abgeschöpft werden können. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor bereits signalisiert, dass die Regierung auch mit einer solchen Lösung leben könnte. Unterdessen besteht zwischen Finanzministerium und Umweltressort Uneinigkeit über die Verwendung der erlösten Finanzmittel. Umweltminister Röttgen zieht sich dabei immer mehr den Unmut der Atomkraft-Befürworter in seiner Partei zu.
Das Kabinett hatte im Juni festgelegt, dass die vier deutschen Atomkonzerne ab 2011 eine Brennelementesteuer von 2,3 Milliarden Euro zahlen müssen. Sie wehren sich heftig dagegen und drohten bereits mit einer Klage.
Kauder will sich vertraglich einigen

Volker Kauder prescht vor und hofft, dass ihm seine Parteivorsitzende folgt.
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Die Unionsfraktion im Bundestag schwenkt mit ihrem Vorschlag auf die Position der Atomkonzerne ein. Fraktionschef Volker Kauder plädierte für einen Vertrag mit den Stromkonzernen über die Erstattung eines Anteils der Milliarden-Gewinne bei längeren Laufzeiten - statt der bisher geplanten Brennelementesteuer.
"Eine vertragliche Einigung mit der Energiewirtschaft wäre für mich immer besser als eine Besteuerung", erklärte Kauder in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das Sparziel für den Bundeshaushalt müsse aber erreicht werden.
Überlegungen, neben einer Steuer eine weitere Abgabe zur Förderung Erneuerbarer Energien einzuführen, erteilte Kauder eine Absage. "Ich halte davon nichts. Der Strom darf nicht noch teurer werden."
Merkel trifft keine klare Aussage
Die schwarz-gelbe Bundesregierung legt sich vor der entscheidenden Kabinettssitzung zu ihren geplanten Sparmaßnahmen nicht auf eine Brennelementesteuer fest. "Derzeit gehen wir davon aus, dass es eine Brennelementesteuer ist", blieb Regierungssprecher Steffen Seibert vage. Bis zum Zusammentreten des Kabinetts am 1. September werde entschieden, ob eine Brennelementesteuer oder eine andere Lösung zum Tragen komme, kündigte Seibert an.
Wichtig sei, dass am 1. September beschlossen werde, dass die Atomwirtschaft 2,3 Milliarden Euro zahle. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte auf ihrer "Energie-Reise" erklärt, wenn dafür eine andere Form als die Brennelementesteuer gefunden werde, sei es auch gut.
Schäuble und Röttgen streiten ums Geld
Unterdessen hat das Bundesumweltministerium ein Veto gegen das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geplante Vorhaben eingelegt, die Einnahmen aus der Brennelementesteuer komplett zur Sanierung des Bundeshaushalts zu verwenden. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Umweltminister Norbert Röttgen bestehe darauf, dass die Erlöse aus einer höheren Belastung der Atomkonzerne bei gleichzeitiger Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten in erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz investiert werden. Das sehe auch der Koalitionsvertrag vor.

Röttgen will die Atomsteuer im Energiesektor belassen.
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Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), beharrte auf der ursprünglichen Darstellung der Steuer als zusätzlicher Einnahmequelle für den Haushalt - unabhängig von einer Laufzeitverlängerung. Wenn die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke verlängert würden, müsse außerdem noch Geld für die erneuerbaren Energien bereitgestellt werden, verlangte Barthle in der "Passauer Neuen Presse". "Das ist mit den 2,3 Milliarden Euro im Rahmen des Sparpakets nicht abgegolten. Das kommt hinzu."
Der Energiekoordinator der Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß (CDU), unterstützte Röttgens Bestreben, dass sich die Regierung erst am 28. September zusammen mit dem Energiekonzept auch mit der Atomsteuer abschließend befasst. Das Bundesfinanzministerium dagegen will bis zur Kabinettssitzung am 1. September geklärt wissen, ob es eine Brennelementesteuer oder eine Vertragslösung mit den Atomkonzernen gibt. Bareiß forderte die Regierung in der "Stuttgarter Zeitung" auf, die Steuerfrage zusammen mit der Energiekonzeption zu beantworten also Ende September. Er selbst plädierte für eine Kombination aus Steuer und Fonds zur Gewinnabschöpfung.
Südwest-CDU hält Röttgen für unzuverlässig
Zum Ringen um das Energiekonzept kommt noch ein CDU-interner Streit um Röttgen hinzu. Die baden-württembergische CDU attackierte zum wiederholten Male den Minister, der anders als sie die Restlaufzeiten für Atomkraftwerke nur moderat verlängern will. Der Stuttgarter CDU-Generalsekretär Thomas Strobl sagte den "Stuttgarter Nachrichten" mit Blick auf Röttgens Terminplanung: "Der Vorgang beweist einmal mehr: Röttgen ist unzuverlässig." Strobl fügte hinzu: "Irgendwann ist das Herumgeeiere nicht mehr akzeptabel. Am Ende des Tages wird die Kanzlerin ein Machtwort sprechen müssen." Die Frage, wann das sei, beantwortete er mit: "Sehr bald."
Zuvor hatte bereits Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), der vor einer Landtagswahl im kommenden Jahr steht, Röttgen mehrfach massiv angegriffen. Der Bremer CDU-Vorsitzende Thomas Röwekamp hielt dem im "Weser-Kurier" entgegen: "Norbert Röttgen ist unverzichtbar." "Was ihn beschädigt, schadet uns." Röwekamp zeigte sich überzeugt, dass sich Röttgen mit seinem Kurs in der Energiepolitik durchsetzen werde.
Quelle: ntv.de, dpa