Alle wollen ein Stück vom Kuchen Atomsteuer nur für den Bund
25.08.2010, 20:20 UhrDie geplante Atomsteuer dient der Sanierung des Bundeshaushalts - das hat Kanzlerin Merkel bekräftigt. Über die Wünsche der Länder nach einer Beteiligung soll aber geredet werden. Die Bundesbürger sind beim Thema längere Laufzeiten der Atommeiler gespalten.

Isar 1 und 2: Noch ist nicht klar, wie lange sie am Netz bleiben und was das die Betreiber kosten wird.
(Foto: REUTERS)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will mit den Milliarden aus der geplanten Atomsteuer die klamme Finanzlage des Bundes verbessern. "Die 2,3 Milliarden Euro, die die Brennelementesteuer bringen soll, werden für die Sanierung, die Konsolidierung des Bundeshaushaltes verwendet", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zugleich betonte er, dass über alle Wünsche der Länder noch gesprochen werde, möglicherweise im Bundesrat. Wenn es zu längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke komme, bringe das höhere Gewinne und damit für Bund, Länder und Gemeinden ein höheres Steueraufkommen.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach sich erneut für eine Steuerlösung statt eines Vertrages aus. Er halte nichts davon, wenn mit mächtigen Verbänden über die Steuerlast verhandelt werde, sagte Röttgen in Berlin vor Gesprächen mit Spitzenvertretern der Gewerkschaften über das Energiekonzept.
Röttgen bekräftigte die Forderung, dass die Atomindustrie bei längeren Laufzeiten der Kernkraftwerke auch einen "beachtlichen Beitrag" zur Förderung erneuerbarer Energien leisten müsse. Dies sei unabhängig von der Brennelementsteuer.
Mehrheit für schnelle Abschaltung
Der Atomstreit spaltet die Bundesbürger. Fast jeder Zweite (48 Prozent) fordert, dass der letzte Reaktor wie im Atomkonsens angepeilt etwa 2022 vom Netz geht, ergab eine Umfrage unter 1003 Bundesbürgern für das Magazin "Stern". Nach jüngsten Zahlen würde der letzte Meiler allerdings erst 2025 abgeschaltet. 45 Prozent der Bürger würden eine längere Laufzeit begrüßen.
Die Kanzlerin besichtigt an diesem Donnerstag im Rahmen ihrer "Energie-Reise" das Atomkraftwerk Lingen im Emsland. Der Chef des Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, begleitet die CDU-Vorsitzende. Auch Umweltminister Röttgen wird dabei sein. Atomkraftgegner haben zu Demonstrationen vor der Anlage aufgerufen.
Niedersachsen hebt den Finger
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) fordert einen Teil der geplanten Brennelementesteuer für die Länder, die damit Speichertechnologien und Öko-Energien fördern könnten. Die "Financial Times Deutschland" schrieb, die niedersächsische Landesregierung prüfe, wie hoch der Länderanteil ausfallen soll. McAllister will für Niedersachsen einen besonders großen Anteil, weil das Land führend in der Windkraft und mit den Atomlager-Standorten Asse, Konrad und Gorleben stark durch die Atomenergie belastet sei.
Am kommenden Mittwoch, dem 1. September, will das Bundeskabinett über einen Beitrag der Atomwirtschaft von 2,3 Milliarden Euro entscheiden. Offen war bisher, ob tatsächlich eine Brennelementesteuer kommt oder eine Alternative. Unklar ist auch, ob die Energiekonzerne darüber hinaus noch für Milliarden-Zusatzgewinne bei längeren Atom-Laufzeiten zur Kasse gebeten werden. Die Atomwirtschaft wehrt sich gegen eine Steuer. An diesem Freitag sollen im Umwelt- und Wirtschaftsministerium Modelle für den künftigen Energiemix vorliegen, Ende September das gesamte Energiekonzept.
Abschaltung bleibt möglich
Der Chef des Energiekonzerns EnBW, Hans-Peter Villis, schließt die Abschaltung einzelner Anlagen nicht aus. "Es muss auch für uns der Grundsatz gelten dürfen, dass wir Anlagen nur betreiben, wenn das betriebswirtschaftlich dauerhaft sinnvoll ist", sagte er dem "Handelsblatt". Wenn das nicht mehr möglich sei, bleibe keine andere Wahl, als eine Stilllegung von Anlagen zu prüfen.
Längere Laufzeiten von Atomkraftwerken und der Neubau von Kohlekraftwerken gefährden einer Studie des Wuppertal Instituts zufolge den Umbau der Energieversorgung. Erdgas ist demnach der einzige konventionelle Energieträger, der als Brücke ins Zeitalter der Öko-Energien noch gebraucht wird.
Quelle: ntv.de, dpa