Letztes Bundesland mit im Boot Auch Saarland für NPD-Verbot
05.12.2012, 10:08 Uhr
Bei einer NPD-Kundgebung vor der Türkisch-Islamischen Gemeinde Anfang November in Dresden.
(Foto: dpa)
Die Ablehnungsfront der Länder gegen ein NPD-Verbotsverfahren steht. Neben Hessen will nun auch das Saarland einen Antrag mittragen, obgleich das Land weiter rechtliche Zweifel an dem Verfahren hegt. Jetzt wollen die Länder den Bund mit ins Boot holen.
Die Bundesländer werden heute gemeinsam Kurs auf ein neues NPD-Verbotsverfahren nehmen. Nach Niedersachsen lenkten am Dienstagabend und Mittwochfrüh auch Hessen und das Saarland ein und kündigten an, einen Antrag für ein Verbot der rechtsextremen Partei mitzutragen. Allerdings hegt Saarbrücken weiterhin rechtliche Zweifel und will dies auch in einer Protokoll-Erklärung festgestellt wissen.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), rechnet fest mit einem NPD-Verbot. Quellen belegten eindeutig den verfassungsfeindlichen Charakter der rechtsextremen Partei, sagte Caffier der "Ostsee-Zeitung". Das Beweismaterial sei "gut und stichfest".
Auch die Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU), bewertet die Erfolgsaussichten für einen neuerlichen NPD-Verbotsantrag als gut. "Ich gehe von einem geschlossenen Verhalten der Innenminister und der Ministerpräsidentenkonferenz aus", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".
Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Hannelore Kraft (SPD) betonte: "Nach zwölfjähriger Debatte über das Verbot sollten wir jetzt den Mut haben, den Schritt zu gehen. Unsere Demokratie muss sich wehrhaft zeigen", sagte Kraft der "Rheinischen Post".
Die Innenminister wollen sich bei ihrem Treffen in Rostock-Warnemünde auf eine Empfehlung an die Ministerpräsidenten verständigen. Die Länder-Regierungschefs tagen dann am Donnerstag in Berlin und geben ihr Votum ab.
Friedrich ist weiter skeptisch
Hessen und das Saarland galten bislang als größte Skeptiker eines Verbotsverfahrens. Sie wollen das Verfahren aber nicht ausbremsen. "Wir werden uns einem entsprechenden Antrag nicht entgegenstellen", sagte der hessische CDU-Innenminister Boris Rhein in Wiesbaden.
Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte sich wiederholt skeptisch zu einem Verbotsverfahren geäußert und auf die Risiken eines Scheiterns hingewiesen. Dagegen setzt sich der Koalitionspartner Saar-SPD für einen NPD-Verbotsantrag ein.
Der Bund hält sich in der Frage bislang bedeckt. Es ist noch of fen, ob Bundestag und Bundesregierung bei dem Ländervorstoß mitziehen. Vor allem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist skeptisch und verweist immer wieder auf die Risiken.
2003 war ein erster Versuch in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der NPD-Führung tätig waren. Bund und Länder versichern, dass diese Spitzel inzwischen abgeschaltet sind, also dem Verfassungsschutz keine Informationen mehr liefern. Auch die gesammelten Belege gegen die NPD sollen keine Informationen von V-Leuten beinhalten.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) appellierte an den Bundesinnenminister, einen NPD-Verbotsantrag mit zu beschließen. Schünemann sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Der Ball liegt jetzt auf dem Elfmeterpunkt und ich bin sicher, dass Herr Friedrich den Schuss auch versenkt. Alles andere könnte ich nicht verstehen."
Länder sollten nicht allein gehen
Der Rechtsextremismus-Experte Fabian Virchow warnte vor einem Alleingang der Länder. Formal reiche zwar der Antrag eines Verfassungsorgans aus, um ein neues Verbotsverfahren anzustoßen, sagte der Politikwissenschaftler in Düsseldorf. "Als politisches Signal ist es aber schon erheblich, ob der Vorstoß nur vom Bundesrat kommt oder auch von Bundesregierung und Bundestag." Der Jenaer Soziologe Klaus Dörre sagte, rechtsextreme Einstellungen ließen sich durch ein NPD-Verbot nicht beseitigen.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, bezweifelte die politische Sinnhaftigkeit. Die Bürger hätten die NPD von Wahltag zu Wahltag in die politische Bedeutungslosigkeit zurückgestoßen. "Das ist mehr wert als jedes Verbot", sagte der CSU-Politiker der "Berliner Zeitung"
Quelle: ntv.de, dpa