Streit um drei Milliarden Aufstand bei der SPD
26.02.2007, 17:05 UhrIn der SPD gibt es heftigen Widerstand gegen den Entwurf von Finanzminister Peer Steinbrück für die Unternehmenssteuerreform. Im SPD-Parteirat wurde am Montag scharf kritisiert, dass die Unternehmen anfangs um knapp acht Milliarden Euro entlastet werden sollen. Das Gremium forderte eine deutliche Minderung der Entlastungssumme.
Einzelne Teilnehmer der Sitzung sprachen sogar von einem Aufstand. Führende SPD-Landespolitiker hätten deutlich gemacht, es lasse sich in der Partei nicht vermitteln, dass man Steuergeschenke für die Unternehmen plane, zugleich aber zum Ausbau der Kinderbetreuung auf eine Anhebung des Kindergeldes verzichte.
"Aus Sicht des Parteirates ist hier Nachbesserungsbedarf", sagte Claus Möller, der Vorsitzende des Gremiums, das über 100 SPD-Funktionäre aus den Ländern umfasst. Bekräftigt wurde ein Beschluss vom 20. November 2006, nach dem die Steuerausfälle durch die Reform auf ein Minimum begrenzt werden müssen.
Rücktrittsdrohung? "Habe ich nicht so verstanden"
Teilnehmer der Sitzung des Parteirats widersprachen Darstellungen, der Finanzminister habe indirekt mit seinem Rücktritt gedroht. "Ich habe das nicht so verstanden", sagte ein Mitglied. Steinbrück habe in der "sehr harten Diskussion" deutlich gesagt, dass er zu seinem mit der Union abgestimmten Plänen keine Alternative sehe. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte zu den Medienberichten über eine Rücktrittsdrohung: "Wenn das jemand behauptet, sagt er schlicht die Unwahrheit."
Heil war vor Journalisten bemüht, trotz des Streits den Eindruck von Geschlossenheit seiner Partei zu vermitteln: "Wir wollen, dass der Parteiratsbeschluss gilt." Dies sei die Auffassung der gesamten SPD-Spitze. Es gehe in der Diskussion allein um die Belastungswirkungen. Die Bundestagsfraktion sei gefordert, im Gesetzgebungsverfahren die Maßstäbe der Partei umzusetzen.
Koch lehnt Nachverhandlungen ab
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, neben Steinbrück Mitautor des Reformkonzeptes, lehnte Nachverhandlungen zu den Entlastungen für Firmen ab. "Die Unternehmenssteuerreform ist sehr sorgsam ausgehandelt und ein fairer Kompromiss", sagte Koch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie werde auf Dauer trotz niedrigerer Steuersätze mehr Steuereinnahmen bringen, allerdings anfangs zwangsläufig erst einmal Einnahmeausfälle. Darüber zu verhandeln, dass es nicht zu diesen Ausfällen komme, mache keinen Sinn.
Auf die Eckpunkte der Unternehmenssteuerreform hatten sich Steinbrück und Koch (CDU) als Verhandlungsführer der Koalitionspartner erst nach langwierigen Gesprächen verständigt. Streitpunkt ist die Nettoentlastung der Unternehmen, die nach Berechnungen aus dem Finanzministerium bei In-Kraft-Treten der Reform 2008 bei knapp acht Milliarden Euro liegen und erst 2011 auf die Summe von rund fünf Milliarden Euro sinken würde, die von der SPD ursprünglich als oberste Deckelung verlangt worden waren. Notfalls müsse die angepeilte Steuerquote von knapp unter 30 Prozent wieder höher gesetzt werden, hieß es aus der SPD.
Quelle: ntv.de