"Willkürlich überprüft" im Gazastreifen Ausländer brauchen Visum
04.10.2011, 16:27 Uhr
Wer in den Gazastreifen will, braucht demnächst ein Visum.
(Foto: AP)
Die Hamas schottet den Gazastreifen weiter ab. Ausländische Besucher sollen künftig nur mit einem Visum einreisen dürfen, das man fünf Tage im Voraus beantragen muss. Die Vereinigung der Auslandspresse in Israel ist empört - zumal Hamas-Kämpfer Journalisten häufig schikanieren.
Für den Gazastreifen gilt jetzt Visumzwang: Die Hamas-Organisation im Gazastreifen hat angekündigt, dass jeder ausländische Besucher fünf Tage im Voraus ein Visum beantragen müsse. Diese Regelung gelte auch für Journalisten, die bisher problemlos und ohne Anmeldung von Israel aus durch den Grenzübergang Erez in den Gazastreifen wechseln konnten. Journalisten müssten der Hamas "Dokumente" einreichen und in einigen Fällen auch einen behördlich genehmigten "Sponsor", also Gastgeber, angeben. Ebenso erfuhr die Vereinigung für Auslandspresse in Israel (fpa), dass Journalisten gezwungen würden, sich einen Fahrer und Führer zu mieten, die dann die Termine vereinbaren. Offenbar will so die Hamas volle Kontrolle über die Tätigkeiten der Journalisten und über ihre Treffen erhalten.
Da Journalisten nicht fünf Tage lang warten können, wenn etwas passiert und sie zeitnah berichten wollen, hatte die fpa eine Delegation zu Hassan Abu Hashish geschickt, dem Leiter des Medienbüros der Hamas-Organisation. Eine Stunde lang sprach am Montag Abu Hashish mit den Vertretern der Auslandspresse, arabische Korrespondenten von CNN, Reuters, ap und BBC. Neben dem Visumsproblem kamen auch häufige Schikanen durch Mitglieder der bewaffneten Sicherheitskräfte der Hamas und andere Belästigungen zur Sprache. Journalisten seien immer wieder "willkürlich überprüft" worden, hieß es in einem Rundschreiben der fpa.
Hashish notierte die Klagen der Journalisten, erklärte aber, dass die Schikanen allein auf "individueller Basis" vorkämen und keine offizielle Politik seien. Er versprach, die Sicherheitskräfte zu informieren, um eine Wiederholung der Übergriffe auf Journalisten zu verhindern. Er empfahl der Delegation, sich mit dem Innenminister der Hamas zu treffen, um die "Sicherheitsfragen" zu erläutern.
Offiziell ist die Autonomiebehörde in Ramallah als Regierung für den Gazastreifen zuständig, doch 2007 hat sich die Hamas an die Regierung geputscht und die Vertreter der Autonomiebehörde vertrieben oder getötet. In palästinensischen Medien wird deshalb die Verwaltung der Hamas als "de facto Regierung" bezeichnet.
In den vergangenen Jahren sind dort mehrmals ausländische Journalisten als Geiseln gehalten oder wegen Spionageverdacht wochenlang inhaftiert worden. Deutschland, Israel, die USA und andere Länder betrachten die Hamas als Terrororganisation.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de