Tausende Soldaten kommen nach Manama Ausnahmezustand in Bahrain
16.03.2011, 08:30 Uhr
Saudische Panzerfahrzeuge auf dem Weg nach Manama.
(Foto: REUTERS)
In Bahrain spitzt sich die Lage nach den wochenlangen Protesten der schiitischen Opposition gegen das sunnitische Herrscherhaus weiter zu. De Regierung ruft den Ausnahmezustand aus, Sicherheitskräfte gehen hart gegen regierungskritische Demonstranten vor. Bei Auseinandersetzungen werden zwei Menschen getötet.
Nach der Entsendung von mehr als tausend Soldaten des Golf-Kooperationsrats in das von Protesten erschütterte Emirat Bahrain hat die Regierung den Ausnahmezustand ausgerufen. Dieser soll zunächst für drei Monate gelten. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen regierungskritischen Demonstranten und Sicherheitskräften starben zwei Menschen.
König Hamad bin Issa al-Chalifa beauftragte den Armeechef des Landes, die öffentliche Ordnung mit Hilfe des Militärs, der Polizei und der Nationalgarde wiederherzustellen. Ungeachtet des Ausnahmezustandes versammelten sich tausende Menschen vor der saudi-arabischen Botschaft in der Hauptstadt Manama, um gegen die Präsenz von Soldaten aus Saudi-Arabien in ihrem Land zu demonstrieren.
Nach Angaben des Innenministeriums starb im Süden der Hauptstadt ein Polizist, den ein "Unruhestifter" absichtlich angefahren habe. Bei einem anderen Vorfall in Sitra ebenfalls im Süden Manamas starb ein Demonstrant. Mehr als 200 Menschen erlitten dort bei Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften Schussverletzungen, wie ein Arzt mitteilte. Seit Beginn der Unruhen in dem Emirat Mitte Februar starben sieben Demonstranten.
Westen zeigt sich besorgt
Berlin und Washington forderten eine politische Lösung des Konflikts. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, erklärte, ein Ende der Gewalt und der Beginn eines "ernsthaften nationalen Dialogs zwischen Regierung und Opposition" seien "jetzt das Gebot der Stunde". Angesichts der Zuspitzung der Lage verschärfte das Auswärtige Amt die Reise- und Sicherheitshinweise zu Bahrain und empfahl, von Reisen in das Emirat abzusehen oder auszureisen, wenn der Aufenthalt nicht unverzichtbar sei.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle gibt am Mittwoch im Bundestag eine Regierungserklärung zum Umbruch in der arabischen Welt ab. Eine zentrale Rolle dürfte dabei die Situation in Libyen spielen. Westerwelle hatte am Dienstag beim G-8-Außenministertreffen in Paris erneut vor einer militärischen Lösung gewarnt. Westerwelle warnte mit Blick auf den saudischen Militäreinsatz in Bahrain: "Die Lösung kann nicht aus dem Ausland kommen." Es müsse alles dafür getan werden, dass die Lage nicht eskaliert.
Die US-Regierung erklärte, für den Konflikt in Bahrain gebe es "keine militärische Lösung". Notwendig sei eine politische Lösung auf dem Weg des Dialogs aller Beteiligten, sagte ein Sprecher in Washington. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, Bahrain müsse zu diesem Zweck "jetzt" handeln.
Die EU forderte die Truppen des Golfkooperationsrats auf, das Demonstrationsrecht der Bevölkerung zu achten. "Wir sind sehr besorgt angesichts der Berichte über schwere Gewalt auf den Straßen Bahrains", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf.
Golfstaaten stehen bei
Die Truppen des Golf-Kooperationsrats waren am Montag auf Bitten der Regierung in Manama in Bahrain eingerückt. Allein Saudi-Arabien hat mindestens 1000 Soldaten entsandt. Zudem schickten die Vereinigten Arabischen Emirate 500 Polizisten in das Land. Ursprünglich hatte es geheißen, die arabischen Hilfstruppen sollten nicht gegen Demonstranten eingesetzt werden, sondern nur zum Schutz öffentlicher Gebäude. Das ist offenbar aber nicht mehr der Fall.
Die arabischen Hilfstruppen sind offiziell Teil einer schnellen Eingreiftruppe des Golfkooperationsrates (GCC). Sie sollen in Bahrain im Notfall den Königspalast und die Behörden des Landes schützen. Dem Golfkooperationsrat gehören neben Saudi-Arabien und den Emiraten auch Bahrain, Kuwait, Oman und Katar an. Schiitische Oppositionsgruppen sehen in den Soldaten eine "Besatzungsmacht". Ein Bericht der bahrainischen Zeitung "Al-Ayyam", wonach die schiitische Wifak-Gesellschaft damit gedroht haben soll, deshalb die iranische Armee um Hilfe zu bitten, wurde von der Gesellschaft dementiert.
Was treibt der Iran?
Die Protestbewegung in Bahrain wird vor allem von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit getragen, die sich durch die sunnitische Herrscherdynastie unterdrückt sieht. Einzelne Mitglieder der Herrscherfamilie haben bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Zu den wichtigsten Gegenspielern der Aktivisten zählt der seit 1971 amtierende Ministerpräsident, Prinz Chalifa bin Salman al-Chalifa, ein Onkel von König Hamad.
"Wir glauben, dass die Forderungen des Volkes in Bahrain legitim sind", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, in Teheran. Jede Einmischung von außen mache die Situation nur noch komplizierter. Viele Beobachter am Golf sind aber der Meinung, dass die iranische Führung ihre schiitischen Glaubensbrüder in Bahrain und Saudi-Arabien gegen die sunnitischen Herrscher dieser Staaten aufwiegelt. Die bahrainische Führung reagierte empört auf die Kritik aus Teheran. Die staatliche Nachrichtenagentur BNA meldete, das Außenministerium habe den bahrainischen Botschafter im Iran zu Konsultationen nach Manama einbestellt.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP