Bauarbeiter im Ausstand Auto-Clubs befürchten Staus
18.06.2002, 00:01 UhrDie Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat ihren ersten bundesweiten Streik seit über 50 Jahren ausgeweitet. Am zweiten Tag des Ausstandes legten rund 9.000 Beschäftigte auf 550 Baustellen die Arbeit nieder.
Besonders betroffen waren diesmal das Ruhrgebiet und Berlin. In der Bundeshauptstadt lief allein auf den zwölf Baustellen des Lenne-Dreiecks beim Potsdamer Platz nichts mehr. Für Mittwoch sind auch mehrere Tausend Arbeiter im süddeutschen Raum zu Streiks aufgerufen. Auch in den neuen Ländern sind weitere Aktionen vorgesehen.
Der Ton wird schärfer
Die Gewerkschaft warf den Arbeitgebern vor, in Berlin Schlägertruppen einzusetzen, die mit ausgesprochener Brutalität gegen Streikende vorgingen. Die Arbeitgeber konterten. Es müsse gewährleistet sein, dass arbeitswillige Arbeitnehmer ungehindert die Baustellen betreten könnten. Menschenketten oder Menschenmauern seien im Rahmen eines Streiks unzulässig, sagte Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg.
Automobilclubs warnen vor Staus
Die Automobilclubs befürchten starke Behinderungen des Sommerreiseverkehrs als Folge der Bauarbeiterstreiks. Sie forderten daher die Tarifparteien auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Sprecher des Automobilclubs von Deutschland (AvD), Jochen Hövekenmeier, sagte der "`Bild"-Zeitung, wegen des Streiks könnten möglicherweise bis zu 120 der insgesamt 300 Bauprojekte auf deutschen Autobahnen nicht rechtzeitig zum Ferienbeginn fertig gestellt werden. Auch ADAC-Sprecher Peter Hemschik appellierte "an die Vernunft der Tarifparteien, sich schnell zu einigen".
Noch sind Baustellen auf Bundesautobahnen nicht von der Streikwelle betroffen. Allerdings werden sie bei der Ausweitung der Streiks künftig auch nicht ausgenommen, sagte ein Sprecher der IG Bau.
Kein Termin für Verhandlungen
Auch ein Treffen der Bau-Sozialkassen in Wiesbaden brachte keine Annäherung. Arbeitgeber und IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hatten erstmals seit dem Scheitern der Schlichtung am 1. Juni wieder Gelegenheit zum direkten Meinungsaustausch. Für Sondierungsgespräche oder neue Verhandlungen gibt es nach übereinstimmenden Angaben weiterhin keinen Termin. Die IG BAU will erst wieder an den Verhandlungstischzurück, wenn die Arbeitgeber ihr Angebot aufgestockt haben.
Die IG BAU fordert für die bundesweit noch 850.000 Beschäftigten Einkommenserhöhungen von 4,5 Prozent. Die Arbeitgeber bieten für dieses und nächstes Jahr eine stufenweise Erhöhung von 3,0 und 2,1 Prozent. Streit gibt es insbesondere über die Anhebung der Mindestlöhne in den neuen Ländern. Die ostdeutschen Arbeitgeber lehnen dies bislang ab.
Quelle: ntv.de