Organspendeskandal Bahr gerät unter Druck
03.08.2012, 18:32 UhrDer Organspendeskandal in Göttingen und Regensburg nimmt immer gewaltigere Dimensionen an. Vermutlich gab es etliche Mitwisser, vielleicht gar ein Netzwerk aus Ärzten und Klinikangestellten, die an der Manipulation von Patientenakten mitwirkten. Vor diesem Hintergrund wächst nun auch der Druck auf den verantwortlichen Gesundheitsminister.

Für Aufsehen sorgte zunächst die Universitätsklinik Göttingen. Später kam Regensburg hinzu.
(Foto: dpa)
Der Ruf nach Konsequenzen aus dem Organspende-Skandal an den Unikliniken in Göttingen und Regensburg wird immer lauter. Der Patientenverband Deutsche Hospiz Stiftung forderte den FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr auf, einzugreifen. Die internationale Transplantationszentrale Eurotransplant forderte schärfere Kontrollen. Und der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, warf Regierung und Justiz in Bayern Versagen vor.
Unterdessen wuchern die Spekulationen zu dem Fall. So soll der beschuldigte Oberarzt am Klinikum Regensburg kein Einzeltäter gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft hat für diesen Verdacht bisher aber keine Anhaltspunkte. Die Prüfungen stünden noch am Anfang, sagte Markus Pfaller von der Staatsanwaltschaft Regensburg.
Ein Netzwerk aus Mittätern?
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte berichtet, dass auch die Zahl der Lebertransplantationen in Regensburg drastisch anstieg. Nach Angaben des Klinikums erhöhte sich die Zahl binnen Jahresfrist um fast 50 Prozent - von 52 Transplantationen im Jahr 2008 auf 76 im Jahr 2009. Im vergangenen Jahr sank die Zahl wieder auf 63. Die Zeitung schloss, daraus, dass der Oberarzt nicht der einzige Täter war.
Auch die Uniklinik bestätigte diese Theorie aber noch nicht. Der Anstieg lasse sich mit einem Ausbau des Lebertransplantationsprogramms seit 2003 erklären, hieß es dort. So habe 2007 das entsprechende Programm für Kinder begonnen. Zudem könne die Zahl der tatsächlich transplantierten Organe auch aufgrund personeller Fluktuation sowie der Verfügbarkeit von Spenderorganen schwanken, teilte eine Sprecherin gegenüber n-tv.de mit.
Gesundheitsminister Bahr berief angesichts des Skandals und des wachsenden Drucks auf sein Ministerium ein Krisentreffen für Ende August ein. Eingeladen sind der Kassen-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Deutsche Stiftung Organtransplantation, die Stiftung Eurotransplant, die Deutsche Transplantationsgesellschaft, die Bundesärztekammer, die ständige Kommission Organtransplantation sowie die Überwachungs- und Prüfungskommission bei der Bundesärztekammer. Ein zentrales Thema dabei dürften zusätzliche Kontrollen sein.
CDU fordert Berufsverbot und Gefängnisstrafen
Die Transplantationszentrale Eurotransplant machte das schon jetzt deutlich. "Die jetzigen Erfahrungen zeigen, dass das derzeitige Kontrollsystem durch gezielte Falscheingaben manipuliert werden kann", sagte der medizinische Direktor von Eurotransplant, Axel Rahmel. Schon bei der Eingabe der Patientendaten müsse die Kontrolle verstärkt werden.
Eurotransplant unterstützt darum den Vorschlag eines "Vier-Augen-Prinzips" der Ständigen Kommission Organtransplantation. Außer dem jeweiligen Arzt muss danach ein zweiter Mitarbeiter, der mit der jeweiligen Transplantation nichts direkt zu tun hat, hinzugezogen werden.
In der Politik erschallt dagegen immer häufiger der Ruf nach verschärften Strafen bei Delikten. "Die Verantwortlichen müssen mit aller Härte des Strafrechts zur Rechenschaft gezogen werden", sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier. Es müsse zudem geprüft werden, ob den in illegale Praxen verwickelten Transplantationszentren die Lizenzen entzogen wird.
Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte: "Ich finde es jetzt ganz, ganz wichtig, dass es durch drastische Strafen zu einer Abschreckung kommt." Es müsse mit Berufsverboten oder Strafen bis zu Gefängnis durchgegriffen werden. Spahn schloss nicht aus, dass die Gesetze dazu erneut überprüft werden. Es gehe auch um die Frage, ob die Ärztekammern und die Deutsche Stiftung Organtransplantation, eigenständig kontrollieren oder ob das der Staat tun sollte.
Quelle: ntv.de, dpa