Entspannung in Kirgisistan Bakijew gibt sich geschlagen
16.04.2010, 10:21 UhrZum Schluss ist der Druck offenbar zu groß: Der gestürzte kirgisische Präsident Bakijew erklärt seinen Rücktritt und setzt sich ab. "Die Abreise Bakijews ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Stabilisierung der Lage im Land und zur Verhinderung eines Bürgerkrieges", heißt es im benachbarten Kasachstan.

Bakijew nimmt die "Gastfreundschaft" Kasachstans an.
(Foto: REUTERS)
Eine Woche nach dem blutigen Volksaufstand in Kirgisistan hat der gestürzte Präsident Kurmanbek Bakijew seinen Rücktritt erklärt und sich ins benachbarte Kasachstan abgesetzt. Wie die Chefin der Übergangsregierung, Rosa Otunbajewa, nach Berichten der Agentur Interfax mitteilte, habe man eine entsprechende Rücktrittserklärung Bakijews erhalten. Nach Angaben des Kreml hatte Russland seine Ausreise organisiert. Präsident Dmitri Medwedew habe das Verteidigungsministerium in Moskau angewiesen, zur Entspannung der Lage in Kirgistan entsprechende Schritte einzuleiten. Medwedew warf dem gestürzten Präsidenten Korruption und Vetternwirtschaft vor. Auch Regierungschef Wladimir Putin hatte ihn scharf kritisiert.
Russland rief die Übergangsregierung dazu auf, die "Fehler" ihrer Vorgänger zu vermeiden. Er hoffe sehr, dass die neue Regierung "frei von diesen Fehlern" sei, sagte Medwedew und erklärte, damit beziehe er sich auf Vetternwirtschaft und die "Zerlegung von Unternehmen" in der zentralasiatischen Republik. Russland werde Kirgisistan weiter mit humanitärer Hilfe unterstützen, große Projekte jedoch nur fördern, wenn die neue Führung diese auch kontrollieren könne.
Bakijew außer Landes
Bakijew hatte am Donnerstag, gut eine Woche nach dem blutigen Umsturz in Kirgistan, seine Heimat verlassen. Er wurde nach Angaben der Übergangsregierung in das benachbarte Kasachstan ausgeflogen, das derzeit den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat. Den Angaben zufolge reichte Bakijew auch förmlich seinen Rücktritt ein.
Der 60-jährige Bakijew hatte sich gut eine Woche nach der Revolution, bei der mehr als 80 Menschen starben, im Süden Kirgisistans mit schwer bewaffneten Leibwächtern verschanzt. Kasachstan, das als erste Ex-Sowjetrepublik derzeit den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, bezeichnete Bakijews Aufnahme als Beitrag zur Stabilität in Kirgisistan und Zentralasien.
Die Übergangsregierung unter der pro-westlichen Politikerin Rosa Otunbajewa hatte seit Tagen auf eine Lösung des Schicksals von Bakijew gedrängt. Beobachter befürchteten bis zuletzt, dass sein Verbleib im Land zu einem Bürgerkrieg führen könnte.
Intervention von Obama und Medwedew

Der Druck aus den USA und Russland auf Bakijew war groß.
(Foto: dpa)
Nach Angaben der OSZE kam der Kompromiss nun durch die Vermittlung von US-Präsident Barack Obama und Medwedew zustande. Auch die Europäische Union und die Vereinten Nationen waren beteiligt. Die internationale Gemeinschaft hatte bereits erklärt, die neue Führung von Otunbajewa wirtschaftlich, humanitär und politisch zu unterstützen. Das Hochgebirgsland ist völlig verarmt.
Erst mit dem Amtsverzicht des von seinen Kritikern als "blutigem Diktator" beschriebenen Präsidenten ist der Machtwechsel in Kirgisistan komplett. Der Staatschef hatte sich dazu bereiterklärt, im Gegenzug aber Sicherheitsgarantien verlangt. Otunbajewas Regierung hatte unmittelbar vor seinem Abflug Bakijew überraschend wieder Immunität zugesichert.
"Abreise wichtiger Schritt"
"Die Abreise Bakijews ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Stabilisierung der Lage im Land und zur Verhinderung eines Bürgerkrieges", teilte das kasachische Außenministerium mit. Unklar war, ob Bakijew in Kasachstan bleiben wird. Auch das autoritär regierte Weißrussland hat ihm Asyl angeboten.

Anhänger der neuen Regierung prügeln sich mit Anhängern von Bakijew.
(Foto: dpa)
Nach Angaben der kirgisischen Agentur Akipress bestieg der 60- Jährige am frühen Abend ein kleines Militärflugzeug vom Typ Antonow An-26 in Dschalal-Abad. Er landete wenig später zunächst in der kasachischen Stadt Taras, wie russische Agenturen meldeten. Angeblich sollte er dann in die Hauptstadt Astana weiterfliegen.
Otunbajewas Regierung hatte noch am Vortag erklärt, Bakijew vor Gericht stellen zu wollen, verzichtete dann aber auf eine Festnahme. "Nach den weiter geltenden Gesetzen haben wir doch kein Recht, ihn festzunehmen", sagte Regierungssprecher Edil Baissalow nach Beratungen mit westlichen Sondergesandten. Bei dem Volksaufstand vor einer Woche waren mehr als 80 Menschen - teils mit Kopfschüssen von Bakijews Scharfschützen - getötet worden. Mehr als 1600 Menschen wurden bei diesem blutigsten Volksaufstand Kirgistans verletzt.
Quelle: ntv.de, AFP