Ermittlungen gehen weiter Bald UNICEF 2.0?
09.02.2008, 16:45 UhrNach dem Rücktritt von UNICEF-Geschäftsführer Dietrich Garlichs sieht das Kinderhilfswerk in Deutschland gute Chancen für einen Weg aus der Vertrauenskrise. "Wir wollen jetzt wieder durchstarten, wir wollen arbeiten und wir wollen Reformen durchführen, auf deren Notwendigkeit uns die Krise aufmerksam gemacht hat", sagte der UNICEF-Deutschland-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit.
Am Mittwoch soll auf einer Vorstandssitzung über eine Nachfolge von Garlichs gesprochen werden. Dessen Rückzug stieß durchweg auf ein positives Echo. UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen erklärte, Garlichs Rücktritt verdiene Respekt und werde "hoffentlich wieder Ruhe und Konzentration auf unsere Arbeit bringen".
Die frühere, Anfang Februar zurückgetretene UNICEF- Vorsitzende Heide Simonis sagte, sie sehe nun "die Chance eines echten Neuanfangs". Für die Grünen im Bundestag betonte UNICEF-Mitglied Kerstin Müller, der Rücktritt sei zu begrüßen, "weil er den Weg für einen Neuanfang bei UNICEF freimacht".
Verantwortung übernommen
Am Freitag hatte Garlichs in einem Brief an den UNICEF-Vorstand erklärt, er übernehme die Verantwortung für den Vertrauensschaden der vergangenen Wochen. Zudem entschuldigte er sich bei den Betroffenen. Ihm waren zu großzügige Honorare für externe Berater vorgeworfen worden.
Der Druck auf ihn war gewachsen, nachdem sich die Zentrale des Kinderhilfswerks in New York eingeschaltet hatte und sich UNICEF- Schirmherrin Eva Luise Köhler sowie zahlreiche prominente Mitstreiter kritisch und besorgt zu Wort meldeten.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Ende November gegen Garlichs wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Offenbar sind die Untersuchungen verstärkt worden. Der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld bestätigte, es würden neue Unterlagen der deutschen UNICEF-Sektion überprüft, darunter auch Dokumente über eine Lebensversicherung, die das Hilfswerk in Köln zugunsten Garlichs finanziert haben soll.
Widersprüche
Feld bestätigte auch, dass Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungs- Gesellschaft KPMG zu ihrem UNICEF-Sondergutachten angehört worden seien. UNICEF sieht seine Spitze durch das KPMG-Gutachten entlastet, es seien "keine Verschwendung von Geldern, keine Unregelmäßigkeiten oder gar Satzungs- oder Gesetzesverstöße" festgestellt worden. KPMG hatte dagegen betont, dem Management sei kein strafbares Verhalten anzulasten, es habe aber "Verstöße gegen bestehende Regeln" gegeben.
Schlagintweit betonte, das Wort "Neuanfang" sei ihm zwar zu dramatisch. Er sei jedoch optimistisch, dass UNICEF nach einer schwierigen Übergangsphase wieder gut vorankommen werde. Es werde aber wohl Monate bis zu einer Nachfolge-Entscheidung dauern. Das gelte nicht nur für die Geschäftsführung, sondern auch den Vorstand, den er selbst nur vorübergehend nach dem Simonis-Rücktritt übernommen habe.
Simonis forderte einer geringere Verwaltungsquote und das Vier- Augen-Prinzip bei Budget und Geschäftsbericht. UNICEF sei "die einzige UN-Organisation mit einer breiten Basis in der Bevölkerung" und müsse nach außen "völlig transparent" werden, sagte die ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin.
Vorwürfe noch nicht vom Tisch
Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI), sagte, die Zusatzprüfung, ob UNICEF das Spenden-Siegel behalten könne, sei in der Endphase. Das Ergebnis sei offen, aber: "Bei solchen Zusatzprüfungen ist die Aberkennung erfahrungsgemäß der unwahrscheinlichste Fall - und das gilt damit auch für UNICEF."
Druck auf UNICEF hatten auch einige Großspender ausgeübt. Der Geschäftsführer des Rabattpunkte-Unternehmens Payback, Alexander Rittweger, , nach dem Rücktritt Garlichs wolle man UNICEF beim Neuanfang unterstützen. Die Vorwürfe seien aber noch nicht vom Tisch, weitere Aufklärung sei geboten.
Quelle: ntv.de