Streit um Ex-KGB-Offizier Baltikum vereint gegen Österreich
19.07.2011, 16:08 Uhr
Protest vor der österreichischen Botschaft in Vilnius gegen die Freilassung von Golowatow.
(Foto: dpa)
Weil Österreich ein von Litauen als Kriegsverbrecher gesuchten früheren KGB-Offizier nach der Festnahme wieder laufen ließ, droht Litauen mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Lettland und Estland erklären sich mit Vilnius solidarisch. Hintergrund ist der "Blutsonntag" von 1991.
Die diplomatischen Irritationen zwischen Litauen und Österreich um einen früheren KGB-Offizier weiten sich aus. Der 62-jährige Russe, der im Baltikum als Kriegsverbrecher gesucht wird, war in der Vorwoche in Österreich festgenommen und nach kurzer Zeit wieder freigelassen worden. Litauen kritisierte dies als Verletzung von EU-Recht und zog seinen Botschafter aus Wien zu "Konsultationen" zurück. Lettland und Estland erklärten sich inzwischen mit Litauen solidarisch.
In einem gemeinsamen Brief an ihre EU-Amtskollegen bedauern die Außenminister der baltischen Staaten die Entscheidung Wiens, den Mann trotz eines EU-weit gültigen Haftbefehls auf freien Fuß zu setzen. Das Vorgehen widerspreche dem Grundsatz der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, heißt es in dem Schreiben. Die drei Staaten befürchten ein Aushebeln von EU-Recht. "Der europäische Haftbefehl sollte als Instrument gegenseitigen Vertrauens in der Praxis effizient umgesetzt werden", lautet ihre Forderung.
Litauen hält den ehemaligen russischen Geheimdienst-Offizier Michail Golowatow für einen der Hauptverantwortlichen bei der blutigen Niederschlagung von Protestaktionen in Vilnius durch sowjetische Truppen am 13. Januar 1991. An diesem "Blutsonntag" starben 14 Menschen. Der Mann war am vergangenen Donnerstag bei einer Zwischenlandung in Wien festgenommen und in der Nacht zum Samstag wieder freigelassen worden.
Litauen rief daraufhin seinen Botschafter zu Konsultationen zurück und überreichte dem österreichischen Vertreter in Vilnius eine Protestnote. Darin forderte Litauen die österreichischen Behörden zu einer genauen Erklärung über den Vorfall auf. Das Justizministerium in Wien erklärte, der im Haftbefehl beschriebene Tatbestand sei "nicht ausreichend definiert". Eine Frist zur Einreichung weiterer Dokumente habe Litauen nicht genutzt.
Der ranghöchste Diplomat im österreichischen Außenamt Johannes Kyrner verwies am Montagabend im österreichischen Fernsehen darauf, dass Golowatow in den vergangenen Monaten trotz des Haftbefehls diverse Male nach Skandinavien und in den Schengen-Raum eingereist sei.
Quelle: ntv.de, dpa