Armee rückt vor Bangkok versinkt in Gewalt
15.05.2010, 18:28 Uhr
Ein Demonstrant greift die Sicherheitskräfte mit einem brennenden Reifen an.
(Foto: REUTERS)
In Thailands Hauptstadt Bangkok herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Die Armee kündigt an, in dem von Demonstranten besetzten Viertel scharf zu schießen. Auch die Stürmung der Barrikaden wird angedroht. Dutzende Menschen kommen bei den Kämpfen ums Leben, ein Kompromiss ist nicht in Sicht. UN und USA fordern eine friedliche Lösung des Konflikts.
Der Machtkampf zwischen Oppositionellen und Regierung in Bangkok eskaliert mehr und mehr zu einem Bürgerkrieg. Die Armee erklärte das Areal um das von Regierungsgegnern besetzte Geschäftsviertel zu einer Zone, in der "scharf geschossen wird". Thailands Regierungschef Abhisit Vejjajiva drohte in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung, die Sicherheitskräfte würden jetzt entschlossen gegen die Rothemden vorgehen: "Wir werden die staatliche Ordnung, Ruhe und Frieden wiederherstellen."
Die Zeitung "Bangkok Post" berichtete derweil unter Berufung auf Krankenhäuser, bei den Unruhen seien seit Donnerstag 24 Menschen getötet worden, acht davon heute. Es gebe mehr als 180 Verletzte.
Zivilisten und Journalisten dürfen das besetzte Viertel nicht mehr betreten. Die Sicherheitskräfte zogen Stacheldraht um das Gelände an der Ratchaprasong-Straße. Dahinter waren immer wieder Gewehrsalven zu hören. Von weitem war Rauch zu sehen, einzelne Barrikaden standen in Flammen.
"Wir wollen nur Demokratie"
"Wir haben Pläne für eine Razzia, wenn die Proteste nicht aufgelöst werden", warnte der Einsatzleiter im Krisenzentrum, Sansern Kaewkamnerd. Er hat Strom und Wasser in dem Viertel abstellen lassen und lässt keine Lastwagen mit Nahrungsmitteln und Getränken mehr passieren. Tausende Soldaten bauten einen Ring von Straßensperren um das Geschäftsviertel, um zu verhindern, dass Sympathisanten die Reihen der eingeschlossenen Demonstranten verstärken.
"Es ist entscheidend, dass wir nicht umkehren und denen, die das Gesetz verletzen und bewaffnete Kämpfer aufstellen, erlauben, die Regierung einzuschüchtern", sagte Abhisit in der Fernsehansprache. Trotz der Trauer über eine "große Anzahl" von Todesfällen bei der Konfrontation würden die Sicherheitskräfte ihren Einsatz fortsetzen. Dieser sei "höchst angemessen". Abhisit kritisierte, dass die Opposition nicht auf die Bedingungen seines Friedensplans eingegangen sei. "Es ist offensichtlich, dass die Ablehnung des Plans darauf abzielt, einer kleinen Gruppe von Menschen zu nutzen, die Bürgerkrieg und Verluste verursachen wollen", fügte der Regierungschef hinzu.
Feuerwerkskörper auf Hubschrauber
Die Rothemden forderten "einen Waffenstillstand". "Wir wollen nur Demokratie", rief einer der Anführer. Tausende Rothemden haben sich hinter Barrikaden aus Autoreifen und Zäunen mit scharfen Bambusstangen verbarrikadiert. Sie griffen die Soldaten mit brennenden Reifen an und beschossen Hubschrauber mit Feuerwerkskörpern. Die Zahlen über die Stärke der Demonstranten gehen auseinander: Sicherheitskräfte schätzten sie auf bis zu 8000, das Oppositionsbündnis UDD selbst sprach von 15.000. Die UDD will nicht aufgeben. Die Regierung hat eine Kapitulation ausgeschlossen.
Die Regierung betonte, dass die Soldaten nur schießen, um ihr eigenes oder das Leben anderer zu retten. Nach Angaben der Sicherheitskräfte sind unter den Demonstranten aber militante Aktivisten, die gezielt auf Polizisten und Soldaten feuern und ein Blutbad provozieren wollten.
Die Regierung schloss zudem neue Verhandlungen mit den Demonstranten vorerst aus. Ministerpräsident Abhisit ist verärgert, weil die UDD einen fast sicher geglaubten und im Prinzip schon vereinbarten Kompromiss mit immer neuen Forderungen platzen ließen. Deshalb hatte er den neuen Armee-Einsatz angeordnet. Die UDD verlangt den Rücktritt der Regierung. Sie besteht überwiegend aus Anhängern des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra. Dessen Anhänger gewannen die Wahlen 2007. Sie wurden aber nach Straßenprotesten und juristischen Manövern aus der Regierung gedrängt. Abhisit kam nur an die Macht, weil ein Koalitionspartner der Thaksin-freundlichen Regierung die Seiten wechselte.
USA sprechen verschärfte Reisewarnung aus
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief beide Seiten zur Ruhe auf. Sie sollten zum Dialog zurückzukehren, um die Probleme friedlich zu lösen, sagte er nach Angaben einer Sprecherin in New York. Die USA mahnten die Konfliktparteien zur Zurückhaltung. US-Außenamtssprecher Philip Crowley sagte, Opposition und Regierung müssten einen Weg finden, ihre Differenzen friedlich beizulegen.
Das Auswärtige Amt in Berlin riet von Reisen aller Art nach Bangkok ab. Dies betreffe aber nicht die Nutzung des Flughafens der thailändischen Hauptstadt, sagte ein Sprecher. Die Reiseveranstalter Thomas Cook und TUI sagten Reisen nach Bangkok bis Ende Mai ab, alle anderen Thailand-Urlaube fänden allerdings uneingeschränkt statt. Die USA sprachen eine verschärfte Reisewarnung für Thailand aus. US-Bürger sollten Reisen nach Bangkok verschieben und vorerst auch auf alle nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile verzichten, erklärte das US-Außenministerium in Washington.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts