Politik

"Es gibt zu viele Krankenhausbetten" Barmer fordert weniger Kliniken

Einer aktuellen Studie zufolge verschlingt allein die Verwaltung 23 Prozent der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Deutschlands größte Krankenkasse will anderswo sparen: bei den Krankenhäusern. Davon gebe es zu viele, sagt Barmer-Chef Straub.

Die Barmer wünscht sich weniger Klinikbetten.

Die Barmer wünscht sich weniger Klinikbetten.

(Foto: dpa)

Der Chef der größten gesetzlichen Krankenkasse Barmer GEK hat sich für eine Schließung von Kliniken ausgesprochen. "Es gibt heute zu viele Krankenhäuser und vor allem zu viele Krankenhausbetten", sagte Christoph Straub der "Welt". Deutschland leiste sich Strukturen, die "größer und teurer sind als in anderen Ländern".

Straub sprach sich außerdem dagegen aus, den Krankenhäusern den Sparbeitrag aus der Gesundheitsreform zu erlassen. "Es ist nicht sinnvoll, die Sparmaßnahmen im Krankenhausbereich zurückzunehmen und teure Krankenhausstrukturen einfach aufrechtzuerhalten." Das traditionelle Nebeneinander von Krankenhäusern und Arztpraxen müsse sich ändern.

"Ambulant-stationäre Einheiten"

Die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung hält Straub für unzeitgemäß. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung müsse viel häufiger ambulant erfolgen oder während kurzer Aufenthalte im Krankenhaus.

Christoph Straub

Christoph Straub

(Foto: dpa)

"Dabei müssen niedergelassene Ärzte und angestellte Krankenhausärzte sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen erbringen können", sagte Straub. Nach seinen Vorstellungen sollte es weniger traditionelle Kliniken und mehr "ambulant-stationäre Einheiten" sowohl auf dem Land als auch in Ballungsräumen geben.

Widerspruch von den Kommunen

Die Kommunen wiesen Straubs Forderung nach Klinikschließungen zurück. "Wir haben auf dem Land keine Überversorgung, zum Teil sogar eine Unterversorgung", sagte Irene Vorholz, Sozialbeigeordnete des Deutschen Landkreistags. Die Hilfsfristen bei der Notfallversorgung könnten schon heute nicht immer eingehalten werden.

Anfang Dezember hatte Gesundheitsminister Daniel Bahr gesagt, im ersten Dreivierteljahr 2011 hätten die gesetzlichen Krankenkassen fast 46 Milliarden Euro für die Versorgung von Patienten im Krankenhaus aufwenden müssen - 4,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Studie: Kassen verschwenden Milliarden

Der "Spiegel" meldet in seiner aktuellen Ausgabe, dass im deutschen Gesundheitssystem deutlich mehr Verwaltungskosten anfallen als bisher vermutet. Einer Studie der Unternehmensberatung A. T. Kearney zufolge seien 23 Prozent der 176 Milliarden Euro Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung 2010 bürokratischen Abläufen geschuldet, schreibt das Magazin. In der Industrie liege dieser Anteil bei nur 6,1 Prozent.

Durch schlankere Strukturen ließe sich der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung von derzeit 15,5 auf 14,2 Prozent senken, schlussfolgert die Studie - die zugleich darauf hinweist, dass die Krankenkassen nicht nur in ihren eigenen Unternehmen Bürokratie verursachen, sondern in der gesamten Branche, etwa bei Apotheken, Arztpraxen oder Krankenhäusern.

Neben den offiziellen angegebenen Verwaltungskosten in Höhe von 9,5 Milliarden Euro kämen deshalb noch weitere 18 Milliarden Euro hinzu, die bisher nirgendwo veranschlagt seien. So müssten etwa Krankenhausärzte 37 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungsaufgaben zubringen. Der Spitzenverband aller Krankenkassen wehrte sich in einer Mitteilung gegen den "Pauschalvorwurf von zu viel Bürokratie".

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen