Politik

Wahlkampf in Straßburg Barroso macht auf rot-grün

Barroso plädierte leidenschaftlich für sich, ...

Barroso plädierte leidenschaftlich für sich, ...

(Foto: REUTERS)

Kommissionspräsident Barroso steht an diesem Mittwoch zur Wiederwahl. Es dürfte knapp werden. Grünen-Fraktionschef Cohn-Bendit wirft dem Portugiesen vor, jahrelang für die Deregulierung der Finanzmärkte eingetreten zu sein. Dabei klingt Barrosos letzte Wahlkampfrede wie ein rot-grünes Manifest.

Das Europaparlament stimmt an diesem Mittwoch über eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ab. Trotz scharfer Kritik von Linken, Sozialdemokraten und Grünen an seiner bisherigen Bilanz kann der 53-Jährige mit einer knappen Mehrheit rechnen.

Sicher sind Barroso die Stimmen der Christdemokraten, der britischen Konservativen und der Liberalen. Auch aus den Reihen der Euroskeptiker dürfte er Stimmen bekommen. Allerdings strebt Barroso eine pro-europäische Mehrheit an. "Wenn Sie eine starke Kommission wollen, die sich gegen die Mitgliedstaaten durchsetzt, sollten Sie der Kommission den starken Rückhalt geben, den sie braucht", appellierte er an die Parlamentarier.

... Daniel Cohn-Bendit hielt ebenso vehement dagegen.

... Daniel Cohn-Bendit hielt ebenso vehement dagegen.

(Foto: dpa)

Heute warb Barroso vor dem Parlament noch einmal um Zustimmung. Nicht von ungefähr sprach er sich dabei für ein ökologisches und soziales Europa aus. Sogar ein Klimaschutz-Kommissar soll der nächsten EU-Kommission angehören. Großen Erfolg hatte er dabei nicht: "Die Grünen haben kein Vertrauen zu Ihnen, wir sind gegen ihre Wahl", sagte Fraktionschef Daniel Cohn-Bendit. Er warf Barroso vor, jahrelang für die Deregulierung der Finanzmärkte eingetreten zu sein, die schließlich zur weltweiten Krise geführt habe.

Sozialdemokraten uneins

Auch dem sozialdemokratischen Fraktionschef Martin Schulz reichten Barrosos Versprechen nicht. "Die Unterstützung meiner Fraktion haben Sie nicht", kündigte er an. Dennoch könnten einige Sozialdemokraten, vor allem Spanier und Portugiesen, für Barroso stimmen. Am Abend debattierte die Fraktion ihr Abstimmungsverhalten.

Der Vorsitzende der Liberalen, der ehemalige belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt sagte, die Unterstützung seiner Partei sei noch immer von einigen Bedingungen abhängig. Barroso ging auf Verhofstadts Forderungen unter anderem mit der Zusage ein, einen Kommissar für Menschen- und Bürgerrechte sowie ein Ressort für Innere Sicherheit und Migration zu schaffen.

Das Parlament hatte sich im Juli zunächst geweigert, über eine zweite Amtszeit für den seit 2004 amtierenden Barroso abzustimmen. Sozialisten, Liberale, Grüne und Linke hatten eine eingehende Debatte über das politische Programm des ehemaligen portugiesischen Regierungschefs gefordert.

Die Stunde der Wahrheit?

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(Foto: REUTERS)

Jetzt versprach der Rechtsliberale den Abgeordneten, er werde sich energisch für ein stärkeres und solidarischeres Europa einsetzen und Sozialdumping bekämpfen. Angesichts der Wirtschaftskrise müsse Europa seine Kräfte bündeln und vereint handeln. Nun komme "die Stunde der Wahrheit", die EU müsse entscheiden, ob sie die Globalisierung mitgestalten oder über sich ergehen lassen wolle.

Mit Blick auf den anstehenden Gipfel der 20 größten Wirtschaftsmächte im amerikanischen Pittsburgh forderte Barroso ein "wirkliches Aufsichtssystem" für die Finanzmärkte. Notwendig sei eine effiziente Regulierung, die EU müsse dabei eine Vorreiterrolle spielen. Als weitere Ziele für eine zweite fünfjährige Amtszeit nannte der Portugiese ein gemeinschaftliches Konjunkturprogramm, "grünes Wachstum", die Verbesserung der Energieversorgung und Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Zudem müssten die Kräfte der 27 EU-Staaten im Bereich Forschung und Entwicklung mehr als bisher gebündelt werden.

Schuld sind die Einzelregierungen

Kritik an seiner bisherigen Bilanz wies Barroso nachdrücklich zurück. Er verwies unter anderem auf Anstrengungen der Brüsseler Behörde für den Klimaschutz, die der EU eine Vorreiterrolle verschafft hätten. Auch habe die Kommission immer wieder Vorschläge für ein solidarischeres Europa gemacht, sei damit aber am Widerstand von EU-Staaten gescheitert.

Barroso war von den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten einstimmig für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen worden. Er ist der einzige Kandidat. Der Kommissionspräsident benötigt für seine Ernennung die Zustimmung des Europaparlaments. Dabei reicht die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/rts/dpa

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