Politik

Streit über Raketenabwehr Beck in der Schusslinie

Im Koalitionsstreit um das geplante US-Raketenabwehrsystem in Osteuropa verschärft die Union ihre Angriffe auf SPD-Chef Kurt Beck. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, warf Beck am Dienstag in Berlin vor, er gehe verantwortungslos, parteitaktisch und unredlich mit dem Sicherheitsthema um. "Wir brauchen eine vernünftige Diskussion. In der Koalition ist das der Fall, und vielleicht nehmen sich andere auch ein Beispiel daran", sagte der CDU-Politiker an Becks Adresse.

"Hysterische Debatte"

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sprach von einer hysterischen Debatte und stellte sich hinter die US-Pläne für ein Raketenabwehrsystem. "Dass es offensichtlich sinnvoll ist, belegt die Tatsache, dass bereits die Regierung Schröder/Fischer vor fünf Jahren - 2002 - angefangen hat, innerhalb der Nato sich mit dieser Frage zu befassen." Von Wettrüsten sei nicht die Rede. "Der Friedensengel Beck hat arge Startschwierigkeiten, der kommt von der Startbahn nicht richtig weg", sagte Ramsauer. "Da hängt der Ballast der rot-grünen Außenpolitik hinten dran."

Die Unions-Politiker forderten eine Debatte in der Nato und in der Europäischen Union. "Alleingänge sind diesem Thema nicht angemessen, weil Sicherheit ein gemeinsames Gut ist", betonte Röttgen. Bei dem US-Vorhaben handele es sich um ein defensives System, das Sicherheit gewährleisten solle. "Dann liegt darin eine große Chance." Es sei unredlich, zu Beginn der Debatte bereits das Ende vorwegzunehmen, wie es Beck mit seiner kategorischen Absage getan hatte.

Beck hatte am Montagabend das grundsätzliche Nein der SPD zur Stationierung neuer Raketen in Europa bekräftigt. "Wir brauchen nicht mehr Raketen, sondern wir brauchen noch mehr Anstrengungen, um Vertrauen zu schaffen."

"Auf russische Propaganda hereingefallen"

Die CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff und Eckart von Klaeden hielten Beck vor, er wolle nur die Sozialdemokraten besänftigen, die Vorbehalte gegen die kürzlich beschlossene Entsendung von Bundeswehr-Tornados nach Afghanistan hätten. "Ich glaube, dass da die Kollegen in der SPD ein bisschen auf die russische Propaganda hereingefallen sind", sagte von Klaeden. Er forderte wie sein SPD-Kollege Klose, das von den USA geplante System solle mit den schon seit längerem in der Nato erwogenen Raketenabwehrplänen verbunden werden.

CDU-Fraktions-Vize Andreas Schockenhoff plädierte für gemeinsame Gespräche: "Es geht darum, dass wir innerhalb der NATO uns überlegen, ob die Bedrohung nur für die Vereinigten Staaten besteht oder ob sie nicht auch für Europa und für Russland besteht. Und dann sollten wir gemeinsam darüber reden, innerhalb der NATO und dann auch im NATO-Russland-Rat", sagte er bei n-tv.

"Keinen neuen Rüstungswettlauf in Europa"

Bundestagsvizepräsident Thierse stellte sich dagegen hinter Beck. Kritik an den US-Plänen werde sofort als schäbige partei- und innenpolitische Taktik verstanden. "So als dürfte man grundsätzlich nichts gegen die USA sagen", bemängelte Thierse in der "Thüringer Allgemeinen". "Aber wir müssen uns die Freiheit nehmen, als Sozialdemokraten und auch als Deutsche, politische und militärische Pläne der USA auch öffentlich und kritisch zu diskutieren". Auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europa-Parlament, Martin Schulz, stärkte Beck den Rücken: "Kurt Beck hat Recht. Wir Sozialdemokraten wollen keinen neuen Rüstungswettlauf in Europa", erklärte er.

Grünen-Fraktions-Vize Jürgen Trittin ist ebenfalls der gleichen Ansicht wie SPD-Chef Beck. Mit der Entscheidung, "diese Raketen in Polen und die Radarstation in Tschechien aufzustellen, laufen wir auf eine Situation zu, wo es tatsächlich einen Impuls gibt für ein erneutes Wettrüsten", sagte Trittin bei n-tv.

Unter Experten blieben die Pläne der US-Regierung für ein Raketenschutzschild mit Installationen in Polen und Tschechien umstritten. Der frühere Bundeswehr-General Klaus Naumann sagte, es grenze an eine unverschämte Manipulation der Öffentlichkeit, wenn Russland dem Westen weismachen wolle, es fühle sich von dem System bedroht. Die Russen seien von den USA ausreichend in die Pläne eingeweiht worden. Deshalb zeugten Warnungen vor einem Rüstungswettlauf von erstaunlicher Unkenntnis.

Quelle: ntv.de

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