Politik

Terrorwarnung "überzogen" Beckstein wiegelt ab

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat die Warnung des Bundesinnenministeriums vor Selbstmordanschlägen in Deutschland als "etwas überzogen" bezeichnet und vor Panikmache gewarnt. Es gebe keine konkreten Hinweise auf Anschlagziele, etwa Orte oder bestimmte Verkehrsmittel, sagte Beckstein der "Passauer Neuen Presse". Nach Einschätzung des Direktors der europäischen Polizeibehörde Europol, Max-Peter Ratzel, ist die Lage in Europa jedoch "ernster denn je". Laut der "Spiegel" haben die USA die Bundesregierung eindringlich vor möglichen Anschlägen islamistischer Terroristen in Europa gewarnt.

Die Gefahr von Selbstmordattentaten in Deutschland hat sich nach Einschätzung des Innenministeriums verschärft. Sicherheitsexperten halten die Lage für so ernst wie zuletzt vor den Terroranschlägen von New York und Washington 2001. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dazu, Deutschland sei wie andere Staaten vor allem wegen des Engagements in Afghanistan seit geraumer Zeit "im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus".

Festnahmen wegen Terrorverdachts

In Pakistan wurden laut Bundeskriminalamt (BKA) drei Deutsche wegen Terrorverdachts festgenommen. Wie die Magazine "Der Spiegel" und "Focus" sowie die "Süddeutsche Zeitung" berichten, wurde am 10. Juni ein 29-jähriger Deutscher festgenommen, der aus der islamistischen Szene in Ulm und Neu-Ulm stammen soll. Seit Dezember 2005 führe ihn das Landeskriminalamt Baden-Württemberg als so genannten Gefährder. Nach der "Spiegel"-Angaben wurde mit ihm ein staatenloser Libanese festgenommen. Beide seien mit falschen Papieren via Türkei und Iran eingereist. Der Vater des 29-Jährigen bestätigte dem "Focus", dass sein Sohn enge Beziehungen zu einer der ehemaligen Schlüsselfiguren der Szene in der Grenzregion von Bayern und Baden-Württemberg - einem Deutsch-Ägypter - gehabt habe.

Zutritt zum Institut für Transurane

Am 18. Juni wurde nach Angaben aus Sicherheitskreisen zudem ein 45 Jahre alter Deutscher pakistanischer Abstammung aus Rheinland-Pfalz festgenommen. Nach den Medienberichten wird er beschuldigt, einen Anschlag geplant zu haben, wo genau, sei unklar. Laut "Süddeutscher Zeitung" hatte der seit 2001 als Gefährder eingestufte Mann aus dem südpfälzischen Germersheim Zugang zur Kernforschungsanlage in Karlsruhe. Der Verdächtige sei bei einer Ingenieurfirma beschäftigt gewesen, durch die er auch Zutritt zum Institut für Transurane (ITU) im Umfeld des Forschungsreaktors gehabt habe.

Das ITU erklärte, ihm lägen keine gesicherten und bestätigten Erkenntnisse vor, dass der Festgenommene mit einer Person identisch ist, die im Jahr 2001 im Institut gearbeitet habe. Von April bis September 2001 sei ein Mitarbeiter eines Ingenieurbüros im Rahmen eines Werksvertrages im Zeichenbüro des Instituts beschäftigt gewesen. Der Mann habe nicht in den Laboratorien gearbeitet. Wegen Äußerungen zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA sei er am 14. September 2001 des Institutes verwiesen worden.

Die Frage ist nicht ob, sondern nur wo und wann

Europol-Direktor Ratzel sagte, es stelle sich nicht mehr die Frage, ob etwas passiere, sondern nur noch, wann und wo der nächste Anschlag Europa treffe. "Die Rekrutierung und Radikalisierung junger Menschen in Moscheen oder über Internetseiten schreitet schnell voran."

Nach dem "Spiegel"-Bericht kommt ein vertrauliches Papier, das die US-Botschaft in Berlin den deutschen Geheimdiensten Mitte Juni übermittelt habe, zu dem Schluss, El-Kaida sei logistisch und finanziell so aktionsfähig wie seit langem nicht. In dem Dokument würden mehrere europäische Länder als mögliche Zielorte für Anschläge genannt, darunter Deutschland.

Beckstein bestätigte in der "Passauer Neuen Presse" Informationen, wonach Deutsche in Terror-Ausbildungslagern in Pakistan seien. Die kurdisch-irakische Islamistengruppe Ansar al-Islam habe vor einiger Zeit Kämpfer aus Deutschland, die in den Irak gegangen seien, zurückgeschickt, da es für Terroranschläge im Irak und in Afghanistan genügend Freiwillige gebe. Vor diesem Hintergrund hätten die deutschen Behörden die Sicherheitsvorkehrungen vor einigen Wochen deutlich angehoben. Darüber hinausreichende Maßnahmen seien aber nicht veranlasst.

Quelle: ntv.de

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