Selbstanzeige Befangener Verfassungsrichter
04.07.2003, 11:41 UhrDas Bundesverfassungsgericht hat seinen Richter Hans-Jürgen Jentsch wegen des Verdachts der Befangenheit aus dem Gerichtsverfahren über die CDU-Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Jentsch sei wegen seiner Verbindungen zum früheren Generalsekretär und Landesvorsitzenden der CDU in Hessen, Manfred Kanther, aus dem Verfahren genommen worden, teilte der Zweite Senat in Karlsruhe mit.
Kanther arbeitet in der Wiesbadener Anwaltskanzlei Jentschs. Als hessischer Generalsekretär soll Kanther 1983 an Millionen-Überweisungen der hessischen CDU auf schwarze Konten in der Schweiz beteiligt gewesen sein.
Weil die daraus resultierenden Einnahmen nicht im Rechenschaftsbericht der CDU ausgewiesen waren, hatte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) der Partei weniger staatliche Mittel aus der Parteifinanzierung für 1999 zugestanden. Die CDU legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein. Die Partei will mit ihrer Klage erreichen, dass sie mehr Mittel in Höhe von knapp 21 Millionen Euro bekommt.
Nachdem die CDU ihren Rechenschaftsbericht für das Jahr 1998 abgegeben hatte, wurde im Januar 2000 bekannt, dass die hessische CDU seit 1983 schwarze Konten in der Schweiz hatte und diese Gelder 1993 in eine Stiftung in Liechtenstein transferiert hatte. Die daraus resultierenden Erträge deklarierte die Partei wahrheitswidrig als sonstige Einnahmen oder "Vermächtnisse von jüdischen Mitbürgern".
Ihr 1998 daraus noch verbliebenes Vermögen von 9,2 Millionen Euro war im Rechenschaftsbericht nicht ausgewiesen. Ende Januar 2000 berichtigte die CDU den Bericht um rund 9,3 Millionen Euro. Thierse erkannte diese nachträgliche Korrektur nicht an und setzte die der CDU zustehenden Summe aus der Parteienfinanzierung wegen fehlerhaften Rechenschaftsberichts niedriger an.
Die Verfassungsbeschwerde der Partei sollte ursprünglich Jentsch bearbeiten. Er zeigte sich wegen seiner Beziehungen zu Kanther jedoch selbst wegen möglicher Befangenheit an. Dem schlossen sich die restlichen sieben Richter des zweiten Senats jetzt an. Es gehe darum, schon den bösen Schein einer möglichen fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden.
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jetzt per Los einen Richter aus dem ersten Senat ermitteln, der für das Verfahren Jentschs Platz einnimmt. Dann muss auch jemand bestimmt werden, der das Verfahren anstelle von Jentsch bearbeitet.
Quelle: ntv.de