Politik

Buback-Mord Behörden prüfen Hinweise

Nach den brisanten neuen Hinweisen zum RAF-Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback vor 30 Jahren haben die wichtigsten deutschen Sicherheitsbehörden am Montag in aller Eile mit einer gründlichen Nachprüfung begonnen. Dabei geht es für Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalamt (BKA) und Verfassungsschutz um die Frage, wer tatsächlich im April 1977 die tödlichen Schüsse auf Buback und seine Begleiter abgegeben hat. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ordnete auch eine Untersuchung an, ob Bundespolizei und Verfassungsschutz der Justiz jahrzehntelang geheime Aussagen von Ex-Terroristen vorenthielten, die zu einer Neubewertung der Bluttat führen könnten.

Merkel verlangt "restlose Aufklärung"

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte "restlose Aufklärung" der Geschichte der RAF und der Morde, die auf ihr Konto gehen. BKA-Präsident Jörg Ziercke reagierte bereits und sagte, nach ersten Erkenntnissen habe sein Amt sich nichts vorzuwerfen. Man werde jetzt die Vorgänge gemeinsam mit der Bundesanwaltschaft untersuchen. In Karlsruhe begann die Bundesanwaltschaft mit den Ermittlungen zu einer möglichen juristischen Neubewertung, die im Extremfall zur Wiederaufnahme von RAF-Prozessen führen könnte. "Wir gehen den Hinweisen nach, was aber ein umfangreiches Aktenstudium voraussetzt", sagte der Sprecher von Generalbundesanwältin Monika Harms, Frank Wallenta.

Noch an diesem Mittwoch will sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags mit den Vorwürfen an die Behörden beschäftigen, die sich aus einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" vom Wochenende ergeben. Dabei sollen erste Fragen an die Regierung gerichtet werden.

Warnung vor "vorschnellen Schlüssen"

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm warnte zugleich vor "vorschnellen Schlüssen". Ähnlich äußerten sich Politiker anderer Parteien. Nach dem "Spiegel"-Bericht gibt es Hinweise, dass das Attentat auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback anders ablief als gerichtlich festgestellt. Die Sicherheitsbehörden hätten ihre Erkenntnisse aber zum Schutz ihrer Informanten nicht zur juristischen Auswertung freigegeben.

Zu den Attentätern, die Buback und seine beiden Begleiter töteten, soll laut "Spiegel" entgegen bisheriger Annahmen der frühere RAF-Terrorist Stefan Wisniewski gehören. Er soll der Todesschütze gewesen sein. Die "Süddeutsche Zeitung" meldete dagegen, es habe bei den Ermittlungen zum Fall Buback keinerlei Spuren gegeben, die auf eine Mittäterschaft Wisniewskis hinwiesen. Wisniewski, der wegen des Attentats auf Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ist seit 1999 auf freiem Fuß. Bisher galt als gesichert, dass Klar und die inzwischen freigelassene Ex-RAF-Mitglieder Günter Sonnenberg und Knut Folkerts das Buback-Attentat direkt verübten.

Der Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele verlangte von den Sicherheitsdiensten eine vollständige Wiedergabe ihrer strafrechtlich relevanten Informationen zu den RAF-Tätern. Dies könne - wie auch bei der Drogen-Fahndung üblich - mit Schutz der Informanten geschehen. "Die Sicherheitsdienste dürfen keine Fehlurteile in Kauf nehmen", sagte er. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte: "Wenn sich herausstellen sollte, dass Behörden bei dieser Strafaufklärung Informationen der Justiz verschwiegen haben, dann wird das in jedem Fall ein politisches und juristisches Nachspiel haben."

"Hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun"

Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, sagte, hier habe sich offensichtlich ein Geheimdienst selbstständig gemacht. Das habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. Nach Auskunft des Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Max Stadler (FDP), wird die Runde in geheimer Sitzung die Bundesregierung nach ihren Erkenntnissen befragen. Auch hier wird es darum gehen, ob die Sicherheitsdienste entscheidende Informationen zu den damaligen Tätern zurückgehalten haben.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger sieht in den neuen Erkenntnissen im Mordfall Buback keinen Grund, die alten Prozesse gegen die bereits wegen dieser Tat verurteilten Knut Folkerts und Christian Klar neu aufzurollen. "Es gibt keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf Folkerts oder Christian Klar, die zu einem Überdenken dieser Verfahren Anlass geben würden", sagte Pflieger am Montag. Die neuen Informationen gäben insbesondere keinen Anlass, ein Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben. Es handele sich um "die typische Mittäterschaft nach dem deutschen Strafrecht". Der Bundespräsident prüft gegenwärtig eine Begnadigung Klars.

Quelle: ntv.de

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