Entschädigung für Neonazi-Mordopfer Behörden räumen Fehler ein
21.11.2011, 17:30 Uhr
Nun jagt ein Krisentreffen das andere.
(Foto: dapd)
"Rund ein Dutzend Verdächtige und Beschuldigte" haben die Ermittler inzwischen im Fall des Zwickauer Neonazi-Trios im Blick. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Liste der Fehler und Versäumnisse immer länger wird.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur Zwickauer Neonazigruppe haben die Behörden nach Angaben von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) "rund ein Dutzend" Verdächtige und Beschuldigte im Visier. Das sagte Friedrich nach einer Sitzung des Bundestagsinnenausschusses in Berlin. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland sagte nach der Sitzung unter Berufung auf Generalbundesanwalt Harald Range, es gebe bislang fünf Beschuldigte. Eine gelte als Täterin, vier als Unterstützer.
Einzelheiten zu den Verdächtigen und Beschuldigten bei den Ermittlungen über die jahrelang unentdeckt gebliebene Terrorzelle wollte Friedrich nicht nennen. Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann sagte, nach derzeitigen Erkenntnissen habe es sich bei der Zelle nicht um eine isolierte Gruppe gehandelt. Vielmehr habe die Gruppe Unterstützer gehabt.
"Fülle von Fehlern"
Der Innenausschuss hatte sich in einer mehrstündigen Sitzung mit den Ermittlungen gegen die Neonazigruppe und den Pannen der Ermittlungsbehörden befasst. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, habe in der Sitzung offen und ehrlich eine "Niederlage für die Sicherheitsbehörden" eingeräumt, sagte Hartmann.

Im Haus des rechtsradikalen Terror-Trios stießen die Ermittler auf reichlich Beweismaterial.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) sagte mit Blick auf die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden nach dem Abtauchen des Neonazi-Trios vor 13 Jahren, ihm sei noch nie eine "solche Fülle von Fehlern" begegnet. Bosbach betonte, der Vorschlag des Innenministers, als Konsequenz aus der rechten Terrorserie ein Abwehrzentrums gegen Rechtsterror zu schaffen sowie eine Verbunddatei mit Erkenntnissen über rechtsextremistische Täter einzuführen, habe im Ausschuss Unterstützung gefunden.
Meldeamt überlistet
Derweil entdeckten Ermittler nach Informationen der "Bild"-Zeitung eine weitere Behördenpannen bei den Ermittlungen im Fall der Gruppe. Offenbar habe das Trio Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe einen Ausweis mit einem falschen Lichtbild und einer falschen Unterschrift manipuliert, berichtete das Blatt. Mit dieser Fälschung habe die Gruppe einen Sachbearbeiter auf einem Meldeamt getäuscht und sich "echte" Ausweispapiere erschlichen, vermutlich einen Reisepass.

Fotos von Personen, die seit 1990 Opfer rechtsextremer Gewalt wurden.
(Foto: dpa)
Der sächsische Verfassungsschutz wies unterdessen erneut Spekulationen zurück, er habe mit den drei Mitgliedern der Neonazi-Zelle kooperiert. Laut Aussage des Landesverfassungsschutzes habe die Behörde "mit dem Thüringer Trio weder unmittelbar noch mittelbar zusammengearbeitet", erklärte der Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission in Sachsen, Günther Schneider (CDU), nach einer Sitzung des Gremiums.
Entschädigung für Opfer
Die angekündigte Entschädigung für die Angehörigen der Neonazi-Mordopfer soll aus einem Härtefallfonds im Haushalt von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gezahlt werden. Durch die Gewährung solcher Härteleistungen von womöglich 10.000 Euro pro Familienangehörigem soll nach Ministeriumsangaben ein Zeichen der Solidarität ermöglicht werden. Derzeit werde ein direkter Kontakt zu Hinterbliebenen gesucht, um mit den Angehörigen ins Gespräch zu kommen, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin.
Das Neonazi-Trio um die inhaftierte Beate Z. soll für bundesweit neun Morde an Migranten und den verantwortlich sein.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP