Politik

Sammelstellen für G8-Störer Behörden rüsten auf

Die Sicherheitsbehörden wollen Ausschreitungen am Rande des G8-Gipfels Anfang Juni in Heiligendamm mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verhindern. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte, dass nach der bestehenden Rechtslage gewaltbereite Störer vorbeugend in Haft genommen werden könnten. Ein Sprecher der für den G8-Gipfel zuständigen Polizeidirektion Kavala bekräftigte, dass keine "Gefangenenlager", wohl aber Sammelstellen eingerichtet würden. Diese seien bei geplanten Demonstrationen dieser Größenordnung Pflicht.

Hans-Christian Ströbele, Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag sagte bei n-tv: "Das, was der Bundesinnenminister da im Augenblick betreibt, ist das Gegenteil von Deeskalation. Er schürt die Stimmung, und ich kann ihn deshalb nur dringend auffordern, nicht jeden Tag eine neue Drohung loszulassen. Diese Drohgebärden bewirken das Gegenteil von dem, was er damit angeblich bewirken will." Die Linkspartei warnte ebenfalls vor übertriebenem Aktionismus, mit seinen Maßnahmen provoziere Schäuble Gegengewalt der Demonstranten, hieß es.

Schäuble wies die zum Teil heftige Kritik an den Polizeimaßnahmen der vergangenen Tage gegen militante G8-Gegner zurück. "Ich habe nicht die geringsten Zweifel an der Angemessenheit und Seriosität der Ermittlungsmaßnahmen, die die Bundesanwaltschaft angeordnet hat", sagte Schäuble in Potsdam. Zuvor hatte der Minister betont, er rechne mit einer erhöhten Gefährdungslage in Deutschland anlässlich des Treffens der führenden sieben Industriestaaten und Russlands (G8) Anfang Juni an der Ostsee.

Die Bundesregierung und die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern machten klar, Gewalttätern mit einer Mischung aus Deeskalation, aber auch im Zweifel aus konsequentem Durchgreifen gegenübergetreten zu wollen. Die Polizeigesetze der Länder erlauben, potenzielle Störer teilweise bis zu 14 Tage in Gewahrsam zu nehmen, wenn es Anhaltspunkte für geplante Straftaten gibt.

Das Bundeskanzleramt reagierte verwundert auf die massive Kritik gegen das Vorgehen am Mittwoch. Bei der Großrazzia habe es sich nicht um eine Form der Einschüchterung gehandelt, sagte Kanzleramtsminister Thomas de Maizire (CDU) in Berlin. Die polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen seien von der Bundesanwaltschaft angeordnet und vom Bundeskriminalamt durchgeführt worden. Bei der Razzia hatten rund 900 Beamte in sechs Bundesländern 40 Wohnungen und Szenetreffs durchsucht und Computer, Datenträger und Unterlagen beschlagnahmt.

Der Mitbegründer des globalisierungskritischen Bündnisses Attac in Deutschland, Sven Giegold, nannte das Vorgehen der Polizei in der "Süddeutschen Zeitung" völlig unverhältnismäßig. Der Rechtspolitiker der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic, sagte der "Berliner Zeitung": "Das waren Methoden, die an einen Polizeistaat erinnern." Die FDP-Rechtspolitikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf Schäuble vor, das innenpolitische Klima unnötig aufzuheizen.

Zur Absicherung des G8-Gipfels wird die Regierung 1100 Soldaten einsetzen. Das teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, mit. Die Bundeswehr werde im Rahmen der Amtshilfe für die Polizei nach Artikel 35 des Grundgesetzes tätig. Die Soldaten sollen sich um die medizinische Versorgung, Transport und Unterkünfte kümmern und zudem Luft- und Seeraum sichern.

Nach Ansicht von de Maizire ist die Mobilisierung aus Sicht der Gipfelgegner bislang "eher enttäuschend" verlaufen. "Ich bin nicht traurig über diese Information", sagte er. Jedoch bestehe die Gefahr, dass manche aus Frust über die mangelnde Mobilisierung militanter werden könnten. Aus Sicht des globalisierungskritischen Bündnisses Attac hat sich die Mobilisierung für Proteste während des G8-Gipfels hingegen nach der Razzia verbessert. "Ein Effekt dieser Polizeiaktion ist sicherlich, dass die Mobilisierung dadurch verbessert wird", sagte Attac-Mitbegründer Peter Wahl im ZDF-"Morgenmagazin".

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will weiter an Protesten teilnehmen und distanziert sich zugleich von militanten Gegnern. "Wir legen Wert darauf, dass es friedlich bleibt", sagte DGB-Chef Michael Sommer der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, warnte im Deutschlandradio davor, die Globalisierungsgegner zu kriminalisieren.

Quelle: ntv.de

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