Politik

Präsidentenwahl im Iran Beide reklamieren Sieg

Die Wahllokale waren noch geöffnet, da beanspruchten sowohl der ultrakonservative Präsident Ahmadinedschad als auch sein wichtigester Herausforderer Mussawi schon den Sieg für sich. Ersten Hochrechnungen zufolge liegt der Amtsinhaber in Führung. Allerdings kamen die ersten ausgezählten Stimmen fast ausschließlich aus den ländlichen Bezirken.

Alles blickt auf Teheran: Wer macht das Rennen?

Alles blickt auf Teheran: Wer macht das Rennen?

(Foto: dpa)

Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad führt ersten Hochrechnungen zufolge bei der Präsidentschaftswahl im Iran. Wie die Wahlkommission mitteilte, erzielte Ahmadinedschad 69 Prozent nach Auszählung von 5,5 Millionen Stimmen. Allerdings kamen die ersten ausgezählten Stimmen fast ausschließlich aus ländlichen Stimmbezirken. Zuvor hatte die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtet, dass er die Wahl gewonnen habe.

Sein wichtigster Herausforderer, der moderate Mirhossein Mussawi, erklärt indes, dass er der "definitive Gewinner" der Wahl sei. Mussawi sprach bei seiner Stimmabgabe in Teheran von Behinderungen. Wegen des riesigen Andrangs wurde die Schließung der Wahllokale dreimal verschoben.

Schlangen vor den Wahllokalen

Weil der Andrang so groß ist, bleiben die Wahllokale länger geöffnet.

Weil der Andrang so groß ist, bleiben die Wahllokale länger geöffnet.

(Foto: AP)

Die Iraner waren in Scharen zur Präsidentschaftswahl gegangen. Sowohl die Anhänger von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad als auch die seines wichtigsten moderaten Herausforderers Mirhossein Mussawi gaben sich siegesgewiss. Erste Ergebnisse werden für Samstagmorgen erwartet.

Vor vielen der landesweit 45.000 Wahllokalen bildeten sich Schlangen. Wähler mussten stundenlang anstehen, bevor sie ihre Stimme abgeben konnten. Die Öffnungszeiten wurden daher insgesamt um vier Stunden bis 19.30 Uhr MESZ verlängert.

Rekordverdächtige Wahlbeteiligung

Mit seiner Frau Sahra Rahnaward kann Herausforderer Mussawi vor allem bei Wählerinnen punkten.

Mit seiner Frau Sahra Rahnaward kann Herausforderer Mussawi vor allem bei Wählerinnen punkten.

(Foto: dpa)

Die Wahlbeteiligung dürfte nahe dem Rekord von 1997 liegen, als fast 80 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen strömten und den Reformer Mohammad Chatami zum Staatsoberhaupt wählten. Profitieren dürfte davon vor allem Ex-Ministerpräsident Mussawi. Der 67-Jährige ist besonders bei Reform-Befürwortern und Jungwählern beliebt, von denen viele bei der Wahl vor vier Jahren zu Hause blieben. Doch in den vergangenen Tagen zogen sie zu Tausenden durch die Straßen Teherans, um für ihren Kandidaten zu werben.

Außerdem unterstützen Mussawi auch jene Konservative, die Ahmadinedschad mit seiner extrem harten Linie verprellt hat. Dem Hardliner, der wegen seiner Hass-Tiraden gegen Israel und dem Festhalten am Atomprogramm auch Politikern im Westen ein Dorn im Auge ist, macht aber auch die angeschlagene Wirtschaftslage zu schaffen. Der Iran leidet unter dem Verfall des Ölpreises und erheblich gestiegenen Preisen. Gleichwohl genießt Ahmadinedschad gerade bei der verarmten Landbevölkerung immer noch starken Rückhalt. Dieser verdankt der 53-Jährige auch seinen ersten Wahlsieg, als er mit dem Versprechen antrat, die Werte der Islamischen Revolution von 1979 wiederzubeleben.

Mussawi spricht von Behinderungen

Amtsinhaber Ahmadinedschad steht für die Fortsetzung der alten Politik.

Amtsinhaber Ahmadinedschad steht für die Fortsetzung der alten Politik.

(Foto: REUTERS)

Mussawi sprach bei seiner Stimmabgabe in Teheran von Behinderungen. Einigen seiner Anhänger sei der Zugang zu Wahllokalen verwehrt worden, als sie den Prozess überwachen wollten. Zugleich sei es nicht mehr möglich, Handy-Kurznachrichten zu versenden. Im Wahlkampf hatte er ganz im Stile des US-Präsidentschaftswahlsiegers Barack Obama versucht, per SMS Jungwähler im großen Stil zu mobilisieren.

Dennoch verkündete das Mussawi-Lager wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale, klar in Führung zu liegen. 58 bis 60 Prozent der bislang abgegeben Stimmen seien an Mussawi gegangen, sagte Sadegh Charasi, ein wichtiger Mitstreiter des Kandidaten. Er stützte sich auf Erhebungen, die von Reformern erstellt worden seien. "Wir sind die Gewinner", betonte er in einem Gespräch mit Reuters.

Auch aus dem Lager Ahmadinedschads wurden Siegesmeldungen verbreitet. Die Nachrichtenagentur Mehr zitierte den Ahmadinedschad-Wahlbeobachter Ali Asghar Sarei mit den Worten, der Präsident komme auf 60 Prozent der bislang abgegebenen Stimmen. Ein zweiter Wahlgang sei somit überflüssig.

Entscheidung per Stichwahl?

Für einen Sieg benötigen die Kandidaten 50 Prozent der Stimmen. Experten erwarteten nicht, dass einer der Bewerber diesen Anteil bereits in der ersten Runde erreicht. Stattdessen gingen sie davon aus, dass die Entscheidung in einer Stichwahl zwischen Ahmadinedschad und Mussawi am kommenden Freitag fällt. Den beiden anderen Kandidaten, dem reformorientierten Kleriker Mehdi Karubi und dem Ex-Kommandeur der Revolutionsgarden Mohsen Resaie, räumen sie keine Chancen ein.

US-Präsident Obama zeigte sich erfreut über die Debatte, die im Iran losgetreten worden sei. Er hoffe, dass dazu beitragen werde, dass die Beziehung zwischen beiden Ländern auf eine neue Basis gestellt werden könne, sagte er in Washington.

Vor allem der seit Jahren andauernde Streit um das iranische Atomprogramm hat die Beziehungen des Landes zum Westen immer wieder belastet. Mussawi hat angekündigt, das Verhältnis zum Westen verbessern zu wollen. Keiner der vier Kandidaten hat jedoch eine wirkliche Änderung der Atompolitik in Aussicht gestellt. Sie verwiesen auf das Geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, der über solche Grundsatzfragen zu entscheiden habe.

Quelle: ntv.de, rts / dpa

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