Teure Krankenkassen Beiträge steigen wieder
29.07.2005, 07:54 UhrAufgrund steigender Arzneimittelausgaben schließen große gesetzliche Krankenkassen höhere Beiträge nicht mehr aus. "Ich rechne in diesem Jahr bundesweit mit leicht steigenden Beiträgen", sagte der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, dem Berliner "Tagesspiegel". Der Sprecher der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), Jörg Bodanowitz, erwartet im nächsten Jahr "eine Welle von Beitragssatzerhöhungen", sollte der Ausgabenanstieg anhalten.
Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sind die Ausgaben für Arzneimittel im ersten Halbjahr um 20,1 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro gestiegen. Kailuweit sagte, er gehe davon aus, dass sich die Ausgaben im Gesamtjahr um bis zu 19 Prozent erhöhen. "Das könnte bedeuten, dass die gesetzlichen Krankenkassen das Jahr nicht mit einem ausgeglichenen Ergebnis beenden werden, sondern 600 bis 700 Millionen Minus machen."
Kailuweit schloss sich der Forderung von Barmer-Chef Eckard Fiedler an, einen neuen Zwangsrabatt für Arzneimittel einzuführen. Der AOK-Bundesverband unterstützt die Forderung. "Sollte die Kassenärztliche Bundesvereinigung bei ihrer Verweigerungshaltung gegenüber den von den Kassen vorgeschlagenen Bonus/Malusregelungen zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung bleiben, dann muss der Gesetzgeber handeln", sagte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes Hans Jürgen Ahrens dem "Hamburger Abendblatt".
Einschnitte verlangten die Gesundheits-Ökonomen Karl Lauterbach und Rolf Rosenbrock, beide Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Lauterbach forderte in den "Lübecker Nachrichten", die Monopolstellung der Kassenärztlichen Vereinigungen müsse durch Einzelverträge zwischen Kassen und Fachärzten eingeschränkt werden. Rosenbrock sprach sich für Festbeträge bei teuren patentgeschützten Medikamenten ohne therapeutischen Zusatznutzen aus.
Das Gesundheitsministerium hat gesetzliche Regelungen dagegen bereits abgelehnt, da es ärztliche Verordnungen nicht steuern könne. Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) hält nichts von neuen Gesetzen. In der "Berliner Zeitung" appellierte er an Kassen und Ärzte, Reserven im System zu nutzen, um den Ausgabenanstieg zu begrenzen. Am Mittwoch war eine Einigung zwischen den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Maßnahmen zur Kostendämpfung gescheitert.
Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) brachte unterdessen die Einführung einer Kosten-Nutzen-Analyse ins Gespräch. "Nutzbringende Forschung muss sich rentieren und kann dies auch durch Kosten-Nutzen-Analysen nachweisen", sagte sie der "Berliner Zeitung". Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt, regte in dem Blatt für die Zeit nach der Bundestagswahl - spätestens jedoch im Frühjahr 2006 - ein Spitzentreffen von Vertretern der Pharmaindustrie, der Ärzte, der Krankenhäuser, der Krankenkassen und der Apotheker an.
Quelle: ntv.de