Neuwahlen am 13. Juni Belgien ohne Parlament
06.05.2010, 21:33 UhrDas belgische Parlament löst sich wegen des Sprachenstreits im Land auf. Auch nach Neuwahlen ist es unsicher, ob Belgien am 1. Juli den EU-Ratsvorsitz mit einer voll funktionsfähigen Regierung antritt.
Das belgische Parlament hat seine eigene Auflösung beschlossen. Nach dem Abgeordnetenhaus nahm auch der Senat eine Liste von mehr als 50 Artikeln der Verfassung an, die in der nächsten Legislaturperiode einer Revision unterzogen werden könnten. Mit der Annahme der Vorschläge wird automatisch - spätestens innerhalb von 40 Tagen, vermutlich jedoch schneller - das Parlament aufgelöst. Damit ist der Weg für vorgezogene Neuwahlen am 13. Juni frei.
Hintergrund der Krise ist der Konflikt zwischen den Niederländisch sprechenden Flamen und den Französisch sprechenden Wallonen um die Abspaltung von Wahlbezirken im Umland von Brüssel von einem bisher gemeinsamen Wahlkreis.
Viele Flamen wollen, dass die Brüsseler Peripheriegemeinden - in denen mittlerweile viele frankophone Bürger wohnen - als Wahlbezirk zur Provinz Flämisch-Brabant gehören. Deswegen wollen sie Halle und Vilvoorde aus dem gemeinsamen Wahlbezirk mit Brüssel herauslösen. Dies wird von den Französisch sprechenden Belgiern strikt abgelehnt.
"Lang lebe Flandern, möge Belgien sterben!"
Nach der belgischen Verfassung muss die Liste der zu ändernden Artikel nach ihrer Annahme durch beide Parlamentskammern veröffentlicht werden. Dies wird voraussichtlich am Freitag geschehen. Das Datum der Wahl muss formal von König Albert II. festgelegt werden. Dem soll die Regierung ebenfalls bereits am Freitag zustimmen. Bereits am Donnerstagabend verkündete aber der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Patrick Dewael: "Die Wahlen finden am 13. Juni statt." Während der Sitzung des Unterhauses rief ein Abgeordneter der flämischen rechtsextremen Partei Vlaams Belang: "Lang lebe Flandern, möge Belgien sterben!"
Derzeit ist die Regierung des flämischen Christdemokraten Yves Leterme kommissarisch im Amt. Sie war vor zwei Wochen an dem Sprachenstreit zwischen Frankophonen und Flamen zerbrochen. Dabei ging es vor allem um die Minderheitenrechte der Frankophonen im flämischen Umland der Hauptstadt Brüssel.
Belgien übernimmt Ratspräsidentschaft
Am 1. Juli übernimmt Belgien den rotierenden EU-Ratsvorsitz. Auch nach den Neuwahlen ist es unsicher, ob Belgien den Ratsvorsitz mit einer voll funktionsfähigen Regierung antritt. Die Regierungsbildung dauert im Königreich oft lange. In der Zeit des Ratsvorsitzes leiten Regierungspolitiker beispielsweise die Treffen der EU-Innen- oder -Wirtschaftsminister. Die Regierung in Brüssel bestimmt zudem das EU-Arbeitsprogramm zwischen Juli und Dezember mit.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa