Politik

Rechtsruck bei der Wahl Belgien vor Regierungswechsel

Ein Rechtsruck bei den Parlamentswahlen in Belgien kostet den liberalen Premierminister Guy Verhofstadt aller Voraussicht nach sein Amt. Als klare Wahlsieger standen nach Auszählung von 4836 der 6153 Wahlbezirke die Christdemokraten des flämischen Ministerpräsidenten Yves Leterme fest. Mit wem Leterme eine neue Koalition bilden könnte, blieb am Wahlsonntag aber zunächst unklar. Auch der liberale Finanzminister Didier Reynders könnte Regierungschef werden, wenn er das Bündnis mit Sozialisten und Grünen aus dem Jahr 1999 wiederbelebt statt mit dem siegreichen Leterme zu paktieren.

Sowohl Verhofstadts liberaler VLD als auch die Sozialisten der bisherigen Koalition verloren gegenüber ihrem Ergebnis von 2003 deutlich. Im südlichen Landesteil legte Reynders liberale Partei MR vielerorts hingegen zu. In Flandern gewann der offen ausländerfeindliche Vlaams Belang erneut Stimmen hinzu und wurde mit annähernd 20 Prozent zweitstärkste Kraft. Daneben etablierte sich überraschend eine neue rechtsliberale Liste.

Sechs Stunden nach Schließung der Wahllokale stand Letermes CD&V mit 30 Sitzen als stärkste Kraft im 150 Abgeordnete zählenden Unterhaus des Parlaments fest. Seine frankophone Schwesterpartei cdh lag bei 10 Sitzen. Verhofstadts VDL verlor nach den vorläufigen Ergebnissen 8 Sitze und kam auf 17 Abgeordnete. Reynders liberaler MR hätte 22 Sitze. Mit den Sozialisten im Norden und Süden des Landes, die um 12 auf zusammen 36 Sitze abrutschten, und 12 Abgeordneten der Grünen könnten die Liberalen weiter regieren.

Das Ende der Regierung von Premierminister Verhofstadt schein besiegelt, da dessen VLD innerhalb der liberalen Parteienfamilie nur noch zweitstärkste Kraft hinter Reynders MR war. Die Koalition aus Liberalen und Sozialisten regiert Belgien seit 2003. Vier Jahre zuvor hatten diese Parteien mit Hilfe der Grünen eine lange Vorherrschaft der Christdemokraten beendet. Die Gemeinsamkeiten von Liberalen und Sozialisten schienen nach acht Jahren gemeinsamen Regierens allerdings weitgehend aufgebraucht.

Vor allem im französischsprachigen Süden des Landes hatten die Liberalen einen heftigen Wahlkampf gegen die Sozialisten geführt. Dort ist die Sozialistische Partei (PS) in der Industriestadt Charleroi tief in eine Affäre um Vetternwirtschaft verstrickt. Auch ihre flämische Schwesterpartei sp.a war zuletzt auf Distanz zur PS gegangen. Flämische Sozialisten machten für ihre Verluste auch die Skandale der wallonischen Parteifreunde verantwortlich.

Zugewinne verbuchten nach ersten Ergebnissen die flämischen Christdemokraten und der offen ausländerfeindliche Vlaams Belang, der auf 17 Sitze kommen dürfte. Die Grünen aus beiden Landesteilen ziehen ebenfalls gestärkt in das neue Parlament ein. Die CD&V von Wahlsieger Leterme kam auf rund 30 Prozent der Stimmen in Flandern. Ihre Schwesterpartei cdh im Süden des Landes stagnierte allerdings bei 15 Prozent.

Keine Partei konnte allein eine Mehrheit im Parlament erringen. In der Regel gehören einem Regierungsbündnis die jeweiligen Schwesterparteien aus dem niederländischsprachigen Norden und dem französischsprachigen Süden des Landes an. Für die gut 7,7 Millionen Belgier herrschte Wahlpflicht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen