Raed Saleh will Wowereit beerben "Berlin braucht kein Larifari"
24.09.2014, 11:12 Uhr
Saleh freut sich über das Lob von Wowereit. "Regieren muss man können und das haben wir drei Jahre lang gezeigt."
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach 15 Jahren tritt Klaus Wowereit im Dezember vom Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin zurück. Raed Saleh will sein Nachfolger werden. Beim Mitgliedervotum der Berliner SPD tritt er gegen seine Mitbewerber Jan Stöß und Michael Müller an. Im Interview verrät der 37-jährige Saleh, was er mit der Hauptstadt vor hat - und warum er der Richtige ist.
n-tv.de: Klaus Wowereit hat Ende August seinen Rücktritt vom Amt des Regierenden Bürgermeisters erklärt. Wie lange steht fest, dass Sie für seine Nachfolge kandidieren werden?
Raed Saleh: Ich habe mit dem Regierenden Bürgermeister in den letzten Monaten darüber geredet, wie es in Berlin weitergeht. Es stand ja immer wieder im Raum, dass er frühzeitig sein Amt niederlegen wird. Die Entscheidung anzutreten, ist in mir also schon vor längerer Zeit gereift. Der Rücktritt kam trotzdem überraschend.
Herr Wowereit hat Sie in seiner Rücktrittserklärung ausdrücklich hervorgehoben und Ihre Loyalität gelobt. Den Namen ihres Mitherausforderers Jan Stöß nahm er nicht in den Mund. Werten Sie dies als Empfehlung?
- geboren am 10. Juni 1977 in Sebastia, Westjordanland
- Mitinhaber der mandaro-Druckerei in Berlin-Hakenfelde
- seit 1995 SPD-Mitglied
- seit 2011 Fraktionschef der Berliner SPD
- Salehs Internetseite
Ich freue mich, dass Klaus Wowereit mit der Arbeit zwischen Fraktion und Senat einverstanden war. Meine Aufgabe war es, für Stabilität zu sorgen. Regieren muss man können und das haben wir drei Jahre lang gezeigt. Dass Wowereit meine Loyalität heraushebt, freut mich. Loyalität ist eine wichtige Herausforderung für das politische Geschäft.
Sie sind erst 37 Jahre alt - zu jung, sagen viele. Was entgegnen Sie denen?
Alt wird man von alleine. Wichtig ist doch, dass man die Kraft hat, Ideen umzusetzen. Ich bin jemand, der nicht viel verspricht. Aber, das was ich verspreche, halte ich. Wir haben die Wasserwerke zurückgekauft und die Wasserpreise gesenkt. Wir haben eine neue Liegenschaftspolitik ins Leben gerufen, dass man unsere Grundstücke nicht mehr einfach verscherbeln kann. Wir haben ein Brennpunktschulprogramm ins Leben gerufen. Alter ist nicht das Kriterium für eine Kandidatur, die Frage ist, ob es jemand kann. Und das habe ich bewiesen.
Wowereit hat den Slogan "Berlin ist arm, aber sexy" geprägt, welchen wollen Sie einmal prägen?
Viele Menschen sagen mir: Raed, deine Bilanz stimmt, deine Arbeit stimmt. Insgesamt bist du der geeignete Kandidat. Einige fragen mich, ob Berlin weit genug sei, um mich zum Bürgermeister zu wählen? Ich drehe den Spieß dann gern um und sage: Die Frage ist, bist du soweit? Das ist mein Slogan und das kann jeder für sich selbst beantworten.
Warum sind Sie der bessere Mann für das Amt als Ihre Mitbewerber Jan Stöß und Michael Müller?
Ich weiß aus meiner eigenen Biografie, wie die Menschen in den Gegenden Berlins fühlen, wo viele Menschen nicht mehr an ihren eigenen Aufstieg glauben. Denen möchte ich Hoffnung geben und Mut machen. Aber ich verstehe auch die andere Seite, die Wirtschaftswelt. Denn ich bin selbst Unternehmer. Wir müssen beides zusammendenken. Berlin boomt, aber nicht alle haben Anteil daran. Viele werden aus ihren Wohnungen verdrängt, weil diese immer teure werden. Manche Teile Berlins sind so exklusiv, dass sie nicht mehr bezahlbar sind. Ich kämpfe für ein gerechtes und bezahlbares Berlin.
Was ist ihre Vorstellung für Berlin im Jahr 2020?
Aufstieg für alle. Berlin ist eine Stadt, in der viele Menschen leben, eine immer bunter und komplizierter werdende Stadt. Ich finde, man muss ein Miteinander schaffen mit klaren Regeln. Berlin braucht kein Larifari. Wir brauchen neue Impulse, neue Aufstiegsgeschichten. Wir müssen alle mitnehmen und dürfen niemanden zurücklassen. Das wird die neue Geschichte für Berlin.
Sprechen wir mal über ein anderes Thema, mit dem sich der neue Regierende Bürgermeister auseinander setzen muss: den BER. Nehmen Sie, so wie Wowereit bisher, auch künftig Platz im Aufsichtsrat?
Das wird man sehen. Man muss darüber diskutieren, wie man das am besten aufstellt. Die Politik hat natürlich die Verantwortung auch präsent zu sein.
Das klingt nicht besonders konkret. Wäre es nicht wichtig und sinnvoll, dass der Nachfolger Wowereits den BER zur Chefsache erklärt, gerade weil in den vergangenen Jahren so viel falsch gelaufen ist?
Es wäre doch anmaßend, wenn ich so etwas entscheide, ohne vorher mit dem Koalitionspartner und den anderen Akteuren Gespräche zu führen. Mein Wunsch ist es, künftig verstärkt Experten in den Aufsichtsrat zu holen.
Bekommen wir denn am 12. Dezember den neuen Eröffnungstermin?
Ich hoffe, dass Hartmut Mehdorn uns zügig einen Eröffnungstermin benennt. Der Zustand mit dem BER ist langsam lächerlich. Keiner hat Verständnis dafür, was wir dort für eine Hängepartie erleben. Die Menschen in Berlin und Brandenburg haben einen Anspruch darauf, bald Klarheit zu haben.
Der BER wird zu seiner Eröffnung bereits zu klein sein für große Nachfrage. Was halten sie von Mehdorns Idee, deshalb den Flughafen Tegel länger zu nutzen?
Getroffene Verabredungen sollte man einhalten. Wir schulden den Berlinern Verlässlichkeit. Deshalb ist diese Debatte nicht sinnvoll. Ziel ist: BER eröffnen und Tegel zu schließen.
Mit Raed Saleh sprach Christian Rothenberg
Quelle: ntv.de