Politik

Tschechien will EU-Garantien Berlin erwartet baldige Klärung

In der Bundesregierung wird davon ausgegangen, dass die schwedische EU-Ratspräsidentschaft in Sondierungsgesprächen mit Prag den Weg zur endgültigen Zustimmung Tschechiens zum EU- Reformvertrag von Lissabon freimacht.

An ihm hängt der EU-Vertrag: Tschechiens Präsident Klaus.

An ihm hängt der EU-Vertrag: Tschechiens Präsident Klaus.

(Foto: AP)

Der vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus behauptete Zusammenhang der Ratifizierung des EU-Vertrags mit den umstrittenen Benes-Dekreten des Jahres 1945 zu den Eigentumsrechten von Vertriebenen wird in Berlin nachdrücklich bestritten. Sollte Klaus Ausnahmen bei der Anwendung der EU-Grundrechte-Charta verlangen, müsse dies zunächst in den Gesprächen mit der EU-Ratspräsidentschaft geklärt werden, hieß es in deutschen Regierungskreisen.

Ausnahmen für Briten und Polen

Die Briten und die Polen hatten vor ihrer Zustimmung zum Lissabon-Vertrag bereits durchgesetzt, dass die EU-Grundrechtecharta auf ihre Länder nicht volle Anwendung findet. Die Charta ist eigentlich Bestandteil des Lissabon-Vertrags. Europa-Experten in der Bundesregierung gehen davon aus, dass wenn Tschechien ebenfalls Ausnahmen durchsetzt, dies nur mit der Garantie geschehen kann, dass Klaus unmittelbar danach den Lissabon-Vertrag unterzeichnet. Der Lissabon-Vertrag könnte dann auch in diesem Jahr in Kraft treten. In Berlin wird nicht ausgeschlossen, dass dies Thema des nächsten EU- Gipfels Ende des Monats in Brüssel sein wird.

Der äußerst Europa-kritische Klaus versucht, immer wieder neue Hindernisse aufzubauen, um den Weg zur Annahme des Vertrages von Lissabon zu erschweren. Wenn der polnische Staatspräsident Präsident Lech Kaczynski am Samstag den Vertrag unterzeichnet, fehlt nur noch das endgültige Ja aus Tschechien, damit das Abkommen in allen 27 Staaten der Europäischen Union in Kraft treten kann.

Tschechien pocht auf Gleichbehandlung

Klaus sagte am Freitag in Prag, falls Tschechien keine Ausnahmen bei der Grundrechtcharta durchsetzen könne, sei "der rechtliche Schutz der Bürger und die Stabilität des Eigentums in unserem Land" bedroht. Er bezog sich dabei ausdrücklich auf die tschechoslowakischen Benes-Dekrete von 1945 und mögliche Forderungen von Vertriebenen nach Eigentumsrückgabe. Vor der Ratifizierung müsse Tschechien zumindest eine ähnlich zusätzliche Ausnahmeregelung wie Polen und Großbritannien aushandeln, sagte Klaus.

Die EU steht bei der Ratifizierung des "Lissabon-Vertrags" unter großem Zeitdruck: Sollte bis zum Monatsende nicht klar sein, ob der Vertrag in Kraft tritt, müsste die neue EU-Kommission nach den Regeln des geltenden Nizza-Vertrages gebildet werden. Dann müssten sich die EU-Regierungen darauf einigen, wer als erster auf einen EU-Kommissar verzichten muss.

Quelle: ntv.de, dpa

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