Politik

"Klimaschwein" & Co. Berlins Ablasshandel

Die Bundesregierung will offenbar den Herstellern spritfressender Autos eine "goldene Brücke" bauen. Wirtschafts-Staatssekretär Joachim Wuermeling sagte der "Berliner Zeitung", dass ein Handel mit Emissionsrechten ein möglicher Weg sei, um die von der EU geplante Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes realisieren zu können. Um die EU-Vorgaben bei den Herstellern durchzusetzen, kämen "Sanktionszahlungen oder die Teilnahme am EU-Emissionshandel" in Frage. Die Automobil-Hersteller müssten in diesem Fall Emissionsrechte kaufen und die Kosten auf die Kunden umlegen.

Das Blatt zitierte nicht genannte Experten, nach denen dann große Autos teurer würden. Ein Porsche könne sich dann um 8000 Euro verteuern, wenn dieser den künftigen EU-Grenzwert nicht einhalte. Ein Kleinwagen wie der Smart dagegen, der den Richtwert von 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer unterschreitet, würde über 600 Euro weniger kosten.

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte den Bericht der "Berliner Zeitung" so nicht stehen lassen. Eine Einbeziehung der Autoindustrie in den Emissionshandel sei derzeit reine Spekulation, stellte Ministeriumssprecher Steffen Moritz klar. Die EU-Kommission arbeite derzeit an einem Gesetzesvorschlag, der Durchschnittsemissionen für Pkw vorsehe, die ab 2012 in den Verkehr gebracht würden.

Innerhalb der Bundesregierung und des Bundeswirtschaftsministeriums werde aber diskutiert, wie eine solche Regelung ausgestaltet werden solle. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos habe sich bereits mehrfach für eine differenzierte Lösung ausgesprochen. Nach Auffassung von Glos könne es "nicht zu einem europäischen Einheitsauto" kommen, sondern verschiedene Autotypen müssten auch unterschiedlich behandelt werden. Momentan sei völlig offen, ob und welche Sanktionen im Fall eines Nichteinhaltens der vorgegebenen Emissionswerte ergriffen werden müssten. "Es gibt keine konkreten Pläne in irgendeine Richtung", betonte Moritz.

Merkels Seitenhieb

Noch am Donnerstag war "Klima-Kanzlerin" Angela Merkel auf der Automesse IAA um die Umwelt bemüht: Statt in Sportwagen Platz zu nehmen, setzte sich die Kanzlerin demonstrativ in kleine, schadstoffarme Autos. Zwar lobte die CDU-Chefin die Anstrengungen der Autoindustrie, in Sachen Klimaschutz aufzuholen. Doch manchen Seitenhieb auf die Konzerne, denen die internationale Konkurrenz jahrelang beim Umweltschutz davongefahren war, konnte sich die ehemalige Bundesumweltministerin nicht verkneifen.

"Wenn man sich ein paar Jahre nicht gekümmert hat, kann man es nicht von einem auf den anderen Tag aufholen", schreibt Merkel Audi- Chef Rupert Stadler ins Stammbuch, der ihr die neue Hybrid-Technik der Ingolstädter vorführt. Der japanische Hersteller Toyota feierte auf der diesjährigen IAA zehn Jahre Serienproduktion des Hybrid, der mit einer Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor als besonders umweltfreundlich gilt.

PS-Protz mit kalten Füßen

Unterdessen kündigte der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche an, die EU verklagen zu wollen, falls die Kommission für jeden Autohersteller künftig einen Abgaswert von 120 Gramm Kohlendioxid festlegen sollte. Porsche, der nur PS-starke Modelle anbietet und die strengen Vorschriften niemals einhalten könnte, verlangt dagegen eine Lösung, die zwischen verschiedenen Autoklassen unterscheidet. Sport- und Geländewagen müssten anders behandelt werden als Limousinen oder Kleinwagen. "Das wäre nur gerecht", sagte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Wiedeking sieht die Existenz von Porsche gefährdet, sollte der geplante Durchschnittswert von 120 Gramm Kohlendioxid zur Vorschrift werden.

Das Auto als "Klimaschwein"

Die Umweltschützer von Greenpeace hatten zum Start der IAA drei deutsche Autos mit rosa Farbe, Nasen, Ohren und Ringelschwänzen als "Klimaschweine" dastehen lassen. Es traf Modelle von Audi, BMW und VW. Die Autoindustrie setze weiter auf Leistungssteigerung, statt die Trendwende zu sparsamen und klimafreundlichen Fahrzeugen einzuleiten, kritisierte Greenpeace-Experte Wolfgang Lohbeck.

"Die Autofirmen zünden ein Feuerwerk von Scheinaktivitäten, um die Automesse in eine Grüne Woche zu verwandeln. Doch die angebotenen Lösungen sind überwiegend alte Hüte, die schon seit Jahren in den Schubladen der Ingenieure verstauben und jetzt in aller Eile hervorgeholt werden", rügte Lohbeck.

Quelle: ntv.de

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