Dienst im "Heiligen Petrus" Berlusconi lächelt wieder
09.05.2014, 18:16 Uhr
Nach getaner Arbeit. Berlusconi hat jetzt wieder frei bis kommenden Freitag.
(Foto: imago/Matteo Gribaudi)
Silvio Berlusconi ist wieder einmal davongekommen. Wegen Steuerbetrugs hätte er eigentlich hinter Gitter sein müssen. Aufgrund seines Alters muss er aber nur Dienst im Altenheim ableisten - ganze zehn Tage, gestreckt über ein Jahr.
Pünktlich kommt er, pünktlich geht er. Genau viereinhalb Stunden Sozialdienst im Pavillon "Heiliger Petrus" im Altersheim für Demenzkranke "Heilige Familie" bei Mailand muss er einmal in der Woche ableisten. Genau das hat er gemacht. Keine Minute mehr unter den Alzheimerpatienten. 20 Patienten musste er betreuen, während draußen gut 40 Geheimpolizisten, Karabinieri und private Wachleute für seine Sicherheit sorgten. Silvio Berlusconis Reststrafe von einem Jahr für schwere Steuerhinterziehung muss einem Uli Honess wie ein Traum vorkommen. Insgesamt sind es zehn Tage Sozialarbeit, mehr nicht.
"Das Volk von Silvio sieht hierin eine ungerechte Bestrafung, der er sich aber gestellt hat, wir bleiben an seiner Seite", sagt Noelle Joy vom Silvio-Fan-Club neben mir. "Wir weichen nicht von seiner Seite." Sie ist eine von den unbedingten Silvio-Fans, die ihm auch in die Hölle folgen würden. Davon gibt es nicht wenige, noch immer bekommt er ein Fünftel der Wählerstimmen zugerechnet.

Er kann die juristische Farce nicht verstehen und wünscht Berlusconi eine "Strafe, wie auch ganz normale Italiener" hätten büßen müssen.
(Foto: REUTERS)
Die meisten der rund 200 Journalisten aus Italien halten sich bedeckt. Hier traut sich immer noch keiner, offen gegen Berlusconi Stellung zu beziehen. Silvios Hand reicht eben überall hin. Die Hälfte des italienischen Publikums schaut seine Sender, Mediaset, die andere Hälfte, das Staatsfernsehen, ist voll der Berlusconi-Getreuen, die es sich mit ihrem Sponsor nicht verderben wollen: Wer weiß, ob er nicht doch wieder kommt? Zu oft ist er schon totgesagt worden! "Das ist sicher der Fehler, den viele gemacht haben, ihn für erledigt zu halten: Berlusconi wird auch diesmal versuchen, die Demütigung in Wählerstimmen umzumünzen", meint Stefano Zurlo von der Berlusconi-Zeitung "Il Giornale". Kritisch ist allein Gianni Barbaceto von "Il Fatto Quotidiano", der hofft, die "Erfahrung mit Menschen am Ende ihres Lebens mag Berlusconi von der Einbildung heilen, selber unsterblich zu sein".
Am Ende lächelt er wieder
Unsterblich oder nicht, noch immer ist Silvio Berlusconi der Mann, der in Italien politisch die Fäden in der Hand hält. Regierungschef Matteo Renzi muss mit diesem Mann die Staatsreformen beschließen, mit einem Mann, der wegen einer der größten Steuerhinterziehungsfälle des Landes verurteilt worden ist: Die anfänglich festgestellte Summe betrug 350 Millionen Euro, dank der Verjährung wurde es dann weniger. Ein Mann, der nicht ins politische Leben einer normalen Demokratie gehören würde. Aber Italien ist derzeit eben keine normale Demokratie, sondern etwas ganz Eigenes.
Ein Mann, der nicht begreifen will, dass die italienische Justiz ihm einen Riesengefallen getan hat. Anstatt im Stadtgefängnis von Mailand, San Vittore, zu enden, es liegt auf dem Weg von Mailand ins Altersheim von Cesano Boscone, und dort ein Jahr Haft noch abzusitzen, wie die gewöhnlichen Strauchdiebe, hat er das Privileg, einmal pro Woche hier 4,5 Stunden mit Alzheimerpatienten die Zeit zu verbringen. Am Ende aber mag Berlusconi das doch verstanden haben. Nach dem Sozialdienst, als er in seine schöne Limousine deutschen Fabrikates einstieg, konnte man ein Lächeln auf seinem Gesicht erkennen. Wieder einmal davongekommen.
Quelle: ntv.de